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Kultur: Steine im Weg

Klaus Büstrin

Stand:

Am 22. September 2006 wird sich am Havelufer in der Schiffbauergasse endlich der Vorhang des neuen Hans Otto Theaters öffnen. In unserer wöchentlichen Serie wollen wir an die vergangenen Jahrzehnte des Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an Episoden aus dem Theaterleben Potsdams.

HEUTE: Treffpunkt Freizeit

Die DDR hatte vier Hauptfeinde: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Spielte eine der Jahreszeiten eine nicht geplante Kapriole, konnte es den real existierenden Sozialismus in arge Bedrängnis bringen. Auch das Hans Otto Theater wurde vom winterlichen Kälteeinbruch nicht verschont.

Beispielsweise 1963. Da hieß es in einer Mitteilung der Intendanz: „Die anhaltende Kälteperiode und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Kohleversorgung hatte zu einer vorübergehenden Schließung unseres Theaters geführt. Um die entstandene Spielpause für unsere Besucher nicht zu groß werden zu lassen haben wir uns entschlossen, die Neuinszenierung ,Steine im Weg’ im Pionierhaus ,Erich Weinert’ zu zeigen. Wir bitten um Verständnis dafür, dass diese etwas ungünstiger zu erreichende Spielstätte gewählt werden musste.“

Vor 42 Jahren folgte man dem Theater nicht unbedingt zu allen „ungewöhnlichen“ Spielstätten, wie man es heutzutage beobachten kann. Vielleicht lag es auch an dem Stück von Helmut Sakowski, das nur von wenigen Zuschauern geliebt wurde. In „Steine im Weg“ geht es um die Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR, um die Überzeugungsarbeit von „guten“ Genossen gegenüber den „Gestrigen“ und den Skeptikern. Das 50-Jahre-Ambiente des Theatersaals war wie geschaffen für die Atmosphäre des Schauspiels von Sakowski, dessen Stücke damals oft in den DDR-Theatern gespielt wurden. In Potsdam zeigte man vor „Steine im Weg“ „Die Entscheidung der Lene Mattke“ und „Weiberzwist und Liebeslist“ – Stücke, die ebenfalls Geschichten aus der „entstehenden sozialistischen Dorfgemeinschaft“ erzählen.

„Steine im Weg“ wurde nur für Abonnenten gespielt, für „sozialistische Kollektive“ in Betrieben und LPGs. Im Pionierhaus am Neuen Garten gab es dann noch ein paar Kammerkonzerte, dann verabschiedete sich das Hans-Otto- Theater von dieser Spielstätte für mehrere Jahrzehnte. Erst Intendant Guido Huonder entdeckte 1992 das Kulturhaus für Kinder, das nunmehr den Namen Treffpunkt Freizeit erhielt. Junge Pioniere waren dort Geschichte. Das Theater inszenierte die Kammeroper des zeitgenössischen Komponisten Wilhelm Dieter Siebert. „Liebe, Tod und Tango“ (Regie: Bernd Weißig, Musikalische Leitung: Diether Noll). Die Oper spielt am Rande der Unterwelt, im Dämmer der Halbwelt und ist mit einer außergewöhnlichen Musik bedacht worden. Sie fand nur wenig Resonanz beim Publikum und wurde nur wenige Male gespielt. Eine Märchenaufführung zur Weihnachtszeit war im Treffpunkt Freizeit noch zu erleben, dann ließ man das Haus wieder links liegen.

Nicht aber der heutige Intendant Uwe Eric Laufenberg. Bei seiner Initiative „Theater unterwegs“ machte er im sanierten Malteser Treffpunkt Station. Am vergangenen Sonnabend wurde „Herbertshof“ von Ralf Günter Krolkiewicz uraufgeführt. Es spielt in einem Dorf unserer Tage, private und gesellschaftliche Konflikte geben sich in diesemVolksstück die Hand, aber die Steine im Weg, mit denen man sich heute herum schlagen muss, wurden schon um 1960 gelegt, als „Steine im Weg“ entstand.

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