Bereits am frühen Nachmittag musste Edgar Hykel von Nürnberg nach Potsdam reisen. Sonst kommt er erst in den frühen Abendstunden zu den Proben des Sinfonischen Chores der Singakademie Potsdam e.V. Kurz vor einem Konzert wächst die Spannung beim Künstlerischen Leiter sowie bei den Chorsängern. Termine für gemeinsame Proben mit Solisten, Chor und Orchester müssen organisiert werden, auch Extraproben. Doch wenige Tage vor der Aufführung sagt ein Solist ab. Jetzt gilt es, alle Hebel in Bewegung zu setzen, einen guten „Ersatz“ zu finden. Welcher Tenor ist in der Lage, in aller Kürze die nicht leicht zu bewältigende Solopartie in „Psalmus Hungaricus“ von Zoltan Kodály zu übernehmen? Glücklicherweise hat Edgar Hykel einen guten Draht zu manchen Opernensembles. An diesem frühen Nachmittag trifft der Italiener Angelo Raciti aus dem sächsischen Freiberg ein. Er ist am dortigen Mittelsächsischen Theater engagiert, leitet auch die Lotte-Lehmann-Woche in Perleberg, einen Sommerkurs für Gesang. Die Prignitz-Stadt ist die Geburtsstadt der bedeutenden Sängerin.
Angelo Raciti wird neben Jacqueline Treichler, Sopran, Uta Grunewald, Alt, Asaaf Levitin, Bassbariton, der Singakademie Potsdam sowie den Brandenburger Symphonikern beim Chorsinfonischen Konzert am 28. April, 19.30 Uhr, im Nikolaisaal mit dabei sein. Auch der Philharmonische Chor „Sine Nomine“ Braunschweig, mit dem die Singakademie seit Jahren verbunden ist und auch gemeinsame Konzerte bestritt, ist wieder mit von der Partie.
Morgen wird man dasselbe Programm in Braunschweig präsentieren, wie eine Woche später in Potsdam. Die Leitung in der niedersächsischen Stadt hat Agnes Kauer. Sie konnte den Potsdamer Sängern bei der Erarbeitung der Aussprache des Textes des Kodalyschen Werkes eine gute Helferin sein, denn „Psalmus Hungariucus“ wird in ungarischer Sprache gesungen. Und Agnes Kauer ist Ungarin.
Drei Werke wurden ausgewählt. Neben dem Kodaly-Opus kommen Beethovens Chorfantasie (Klaviersolo: Haiou Zhang aus China) und das Te Deum von Anton Bruckner zur Aufführung – Kompositionen, mit denen man sich auf eine spannende Zeitreise begibt, von der Klassik, über die Hochromantik bis zur Musik des 20. Jahrhunderts, bei der man auch ekstatische Klangsteigerungen erwarten darf. Für den Chor war die Erarbeitung sehr anspruchsvoll, da er sich in verschiedene Stilrichtungen einpegeln musste.
Edgar Hykel, der nunmehr im fünften Jahr künstlerischer Leiter und Dirigent der Potsdamer Singakademie ist, macht die Arbeit mit Laienchören immer wieder großen Spaß, obwohl er sich in seinem tagtäglichen Job Berufschören widmet. Derzeit ist er am Nürnberger Theater engagiert und leitet den international besetzten Opernchor. Vorher war er an den Theatern u.a. in Magdeburg, Hannover, Schwerin ebenfalls Chordirektor. In Schwerin hat er 1977 die Singakademie aufgebaut. Das Potsdamer Ensemble kennt er schon aus Horst Müllers Zeiten. Er hat seinen Lehrer hin und wieder vertreten. Also kam er 2003 in Potsdam auf vertrauten Boden. Die ständige Reise zwischen der fränkischen Stadt und der brandenburgischen Landeshauptstadt kann manchmal anstrengend sein. Aber er nimmt gern die Strapaze auf sich, denn sobald er seine Singakademie vor sich hat und mit ihr musiziert, sind sie vergessen.Klaus Büstrin
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