Kultur: Streiflichter im Leben eines Fotografen
Mit zuweilen bewundernswerter Stringenz dirigieren Zufälle das Leben. Ein solcher muss es gewesen sein, als Reinhard Podszuweit Ende der 50er-Jahre in Berlin im VEB Defa-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme dem Chefkameramann und späteren Regisseur Hans Dumke begegnete.
Stand:
Mit zuweilen bewundernswerter Stringenz dirigieren Zufälle das Leben. Ein solcher muss es gewesen sein, als Reinhard Podszuweit Ende der 50er-Jahre in Berlin im VEB Defa-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme dem Chefkameramann und späteren Regisseur Hans Dumke begegnete. Dumke verhilft dem einstigen, 1949 aus der jugoslawischen Gefangenschaft entlassenen Wehrmachtssoldaten kurzerhand zu einer Stelle als Kameraassistent und stellt somit die Weichen für eine dauerhafte Tätigkeit, die für Podszuweit bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989 reicht. Der gelernte Tiefdruckfotograf arbeitet für Regisseure wie Waldemar Ruge, Walter Roßkopf, Heinz Fischer oder Dumke, übernimmt 1959 die Leitung der neuaufgebauten Bildstelle des Dokfilmstudios, richtet ein Fotolabor ein und führt Reproarbeiten durch.
Regelmäßig vom Studio freigestellt, fotografiert er ab 1960 auf der Internationalen Leipziger Dokumentarfilmwoche und dem Nationalen Dokumentarfestival in Neubrandenburg. Unmittelbar vor seinem 90. Geburtstag verstirbt er 2014 in Berlin. Einem weiteren Zufall ist es geschuldet, dass der Name Reinhard Podszuweit nunmehr in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Potsdamer Filmmuseum steht. Im Jahre 2012 erfuhren die Sammlungsleiterin des Archivs, Dorett Molitor, und die Mitarbeiterin der Fotosammlung, Heidrun Schmutzer, durch einen vermeintlichen Insidertipp, dass der inzwischen hochbetagte Podszuweit beabsichtigte, seine private Sammlung abzugeben. Was sich in der Folge entwickelte, war ein kleiner Besuchs- und Verhandlungsmarathon, der schließlich im Ankauf von Podszuweits Lebenswerk endete. Aus gutem Grund, damit erhält nicht nur die Stadt Potsdam einen wichtigen Baustein in der Dokumentation vor allem des Leipziger Dokfilmfestivals zu Zeiten der DDR. Auch wurden die in nahezu 30 Jahren entstanden Aufnahmen auf diese Weise überhaupt erst einer gemäßen Verwahrung überantwortet, denn das Lebenswerk Podszuweits lagerte bis dato in seiner Garage, was bekanntlich kein idealer Ort für Negative von Fotografien ist.
Mit der Foyerausstellung „Streiflichter“ würdigt das Potsdamer Filmmuseum jetzt das Leben des Berliner Fotografen und folgt zugleich einer gut seit 15 Jahren gepflegten Tradition, regelmäßige Einblicke in den ungleich größeren Bestand des Museums zu gewähren. Unter Mithilfe des ehemaligen und langjährigen Festivaldirektors Ronald Trisch ist der Ausstellung eine vierjährige Sichtung von sage und schreibe 24 000 Negativen sowie 50 Ordnern mit geschätzt 20 000 Motiven ohne Beschriftung vorausgegangen. Zwangsläufig nur eine kleine Auswahl davon hat es auf die zehn Tafeln mit insgesamt 150 Motiven geschafft, die durch zusätzliche Texte an Reinhard Podszuweit, Festivalbegegnungen, Regisseure, Ereignisse und die einmalige Atmosphäre auf dem Leipziger Dokfilmfestival erinnern. Angesichts des kleinen Präsentationumfangs entsteht fast der Wunsch, die unzähligen in Schwarz und Weiß gehaltenen Aufnahmen irgendwann noch einmal in einem größeren Rahmen präsentiert zu bekommen. Fürs Erste aber muss der Ausschnitt im Foyer des Potsdamer Filmmuseums genügen. Ralph Findeisen
Ralph Findeisen
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: