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Kultur: Strohfeuer

Ringelnatz“ „Die Landpartie der Tiere“ mit Collagen von Sibylle Leifer im Wolbern-Verlag Potsdam

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Auf die Reise soll es gehen. Nach Dennewitz! Alle sind begeistert. Ob Kuh, Spitz oder Krah. Auch Musik muss dabei sein: Trompeten, Trommeln, Violinen. Das wird ein Spaß. Doch nicht lange hält sich die Verzückung: Die ersten haben alsbald Hunger, die nächsten Durst – und überhaupt, wann endlich kommt mal ein Wirtshaus?! „Ruhe ist viel wert, meint das Nilpferd“. Da dauert“s nicht mehr lange und schon schreit der Strauß: „Ich geh“ wieder nach Haus.“

Joachim Ringelnatz“ Reimkunst in „Die Landpartie der Tiere“ zielt in vertraute Gefilde – in eigene „Landpartien“. Denn nichts Tierisches ist dem Menschen fremd. Feuer und Flamme sind auch Kinder, wenn es heißt, wir fahren in den Urlaub. Doch spätestens nach zwei Stunden geht das Gequengel los: „Wie weit ist es denn noch?“ Da hilft nur Farben raten, Autos zählen – oder eben reimen, dass die Begeisterung nicht als Strohfeuer verbrennt. Und auch Erwachsene kennen es gut: Gern lassen sie sich anstacheln, wollen viel erleben, viel erreichen. Doch da türmen sie sich auf: die Mühen der Ebene. Kurzatmig verenden hochfliegende Pläne auf der Durststrecke zum Erfolg, siegt die Bequemlichkeit.

Es steckt viel drin in den so einfachen Versen des Lebenskünstlers und Künstler des Wortes. Und wenn sie so erfrischend unprätentiös und unaufdringlich daher kommen wie eben bei Ringelnatz, führt man sie sich auch gern immer mal wieder zu Gemüte. Diesem Reiz war offensichtlich auch die Malerin Sibylle Leifer erlegen, die sich mit ihren Collagen von der Dichtkunst beflügeln ließ und mit ihr in das Reich der Phantasie davon schwebte. Das Lese- wird nunmehr auch zum Schauvergnügen. Da tanzt die Gans fröhlich auf dem Borstenvieh, die Schnecke kuschelt sich gemütlich in den Schwanz der Pferdes und springt mit ihm hoch hinaus, der Hahn möchte lieber mit dem Kahn ans Ziel als mühselig laufen ... Auch ohne Worte können die Bilder vor Groß und Klein bestehen, die vergnüglich die Welt auf den Kopf stellen und doch am Boden haften.

Es ist bereits das vierte Kunstbuch im Wolbern-Verlag Potsdam, das die ehemalige Meisterschülerin der Akademie der Künste gestaltete. Und es ist zugleich ihr fröhlichstes. Zuvor bediente sich die in einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern arbeitende Künstlerin der recht schroffen Technik des Holzschnitts, der Wort und Figur mit kantigen Zügen ausstaffierte. Jetzt fliegen, springen, hüpfen ihre Vierbeiner sehr dynamisch und in heiteren Farben durch die Seiten, haben den Wortwitz einverleibt. Dennoch: Bis Dennewitz schaffen sie es nie. Anders als die Franzosen geben sie sich vorher geschlagen. Heidi Jäger

Die Landpartie der Tiere, Ringelnatz/Leifer; 18.80 €, 96 Seiten, Bestellmöglichkeiten unter www.wolbern.de

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