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Wie ein riesiges Nervensystem. Irene Antons Installation „intervention invading network“ in der Villa Holst.

©  Manfred Thomas

Kultur: Strumpfhosen im Treppenhaus

Das Heimatfestival Localize erobert in diesem Jahr die Villa Holst

Stand:

„Dass man so viele Strumpfhosen haben kann“, sagt ein kleines Mädchen, als sie das filigrane Netz aus circa einhundert Strumpfhosen, gefüllt mit einzelnen Ballons, sieht. „Intervention invading network“ hat die Künstlerin Irene Anton ihre Installation genannt. Das Mädchen und ihre Freundin begutachten verblüfft dieses bunte Gebilde, das seit Mittwoch das Treppenhaus des zweiten Stockwerks der Villa Holst in der Geschwister-Scholl-Straße 51 ziert. Ab und zu zupft eine der beiden amüsiert an den bunten Stoffen, um eine Bewegung in dem Gebilde zu erzeugen. Dann zucken und wackeln die Strumpfhosen kurz, finden aber binnen Sekunden ihre ursprüngliche Form, die wie ein übergroßes Nervensystem das Treppenhaus durchziehen. „Ich glaub, die sind von alten Leuten“, sagt das andere Mädchen und beide ziehen weiter in den nächsten Raum.

Seit Mittwoch ist die Ausstellung des Localize Festivals in der Villa Holst eröffnet. Bereits die Vernissage des bis Sonntag andauernden Festivals bot ein abwechslungsreiches Programm. Der Auftakt verlief allerdings nicht ganz nach Plan, weil es bereits kurz nach der Eröffnung um 18 Uhr in Strömen zu regnen begonnen hatte. Da es in der Villa genug zu entdecken gab, war dies zunächst kein größeres Problem, denn auf jeder Etage sind zahlreiche künstlerische Arbeiten zu sehen.

Im Keller präsentierte sich das internationale Hildegard Projekt mit einer Installation, dem sogenannten „Haufen“ aus verschiedenen Objekten und Materialien. Spannend, dass die Besucher des Raumes durch eine Kamera gefilmt und die Bilder zeitgleich nach Finnland übertragen wurden, wo eine weitere Installation des Hildegard Projekts zu sehen war. Die Bilder aus Finnland wiederum waren auf einem Laptop zu sehen, der Teil des „Haufens“ war. Leider musste die Installation später abgebaut werden, da wegen des starken Regens Wasser in den Keller gelang und Teile der Installation unterlief.

Kunstwerke, die Räume durchdringen, sie verändern, umspielen und so unsere Raumwahrnehmung verändern, das ist der Ansatz von Localize, dem selbsternannten Heimatfestival. Die Künstler sollen durch ihre Installationen und Performances diese Räume für den Besucher erfahrbar machen. Und so basieren viele der Arbeiten auf dem Prinzip der Interaktion. So animierte das Schild „Umhängen erwünscht“ dazu, ein Arrangement aus bunten Postkarten, die an kleinen schwarzen Nadeln an der Wand befestigt sind, wahllos zu verändern. Einladend war auch die Videoinstallation „Roofs of Venedig & Berlin“ des Künstlers Steffen. In einer circa ein Quadratmeter kleinen Kammer eröffnet der Künstler Himmelsperspektiven von Venedig und Berlin. Ein Besucher legte sich mit seinen beiden Kindern auf den Fußboden, um den Himmel Berlins und Venedigs zu bestaunen. Als man an der kleinen Kammer vorbeiging, sah man nur sechs Beine, bequem an die Wand gelehnt, vier davon aufgeregt hin und her wackelnd. Vor der Kammer waren ein Paar Männerschuhe und zwei Paar winzige Kinderschuhe ordentlich aufgereiht.

Währenddessen stürmte es weiter vor der Tür. Der Regen wollte kaum nachgeben und drohte das im Hof geplante Programm zu ertränken. Ungläubig in den Himmel starrend kommentierte eine Frau passend: „Wer hat denn diese Installation da draußen gemacht?“. Als sich zumindest der Sturm legte, begann das Programm mit kleiner Verspätung im Hof. Den Auftakt machte das interaktive Konzert des „Magischen Theaters“, die das Publikum in ihren Auftritt mit einbezogen. Durch das Berühren der Musiker konnten die Zuhörer entscheiden, welches Instrument gespielt werden und welches verstummen sollte. Josefine Schummeck

Nähere Information zum Programm unter: www.heimatfestival.de

Josefine Schummeck

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