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Heute nicht mehr da. Das Berliner Tor in Potsdam.

©  Theodor von Lüpke

Kultur: Suche nach dem verschwundenen Tor

Das Kunsthaus „sans titre“ zeigt historische Potsdam-Fotos

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Warum wird aus der Berliner Straße so unvermittelt die Straße Am Kanal? Wie sah Potsdam überhaupt vor 100 Jahren aus? Antworten auf solche Fragen zum Potsdamer Stadtbild finden sich ab Freitag im Kunsthaus „sans titre“. Dort eröffnet am Donnerstagabend die Ausstellung „Potsdam vor 100 Jahren – Historische Stadtansichten“. Die rund 120 gezeigten Fotografien sind ein Zufallsfund: Der Berliner Antiquar Michael Jahn hat sie auf einer Auktion ersteigert. Damit sie die Öffentlichkeit – und vor allem die Potsdamer in Ruhe betrachten können, bevor er sie weiterverkauft, hat Jahn sie seinem Freund Mikos Meininger vom Kunsthaus „sans titre“ für die Ausstellungsdauer vom 3. Juli bis zum 4. August zur Verfügung gestellt, ein Katalog soll die Schau darüber hinaus dauerhaft dokumentieren.

Mit Kunst haben die Bilder von Straßenzügen, Häusern und Bauwerken wie dem heute verschwundenen Berliner Tor nichts zu tun, ihr Zweck war ein rein wissenschaftlich-dokumentarischer: Theodor von Lüpke, damals Direktor der Preußischen Messbildanstalt, nahm diese sogenannten Messbilder zwischen 1911 und 1912 auf, um sie als Grundlagen zur Abmessung für spätere Restaurierungen oder Bauvorhaben nutzen zu können. Heute sind sie oftmals die einzig erhaltenen fotografischen Abbilder von Gebäuden und Straßenzügen – wie eben etwa dem Berliner Tor, das einst den Beginn der Berliner Straße markierte und im Zweiten Weltkrieg, wie viele andere Bauten, zerstört wurde. Um so wertvoller sind die – allesamt quadratischen – Fotos heute. Auch der Stadtkanal wurde zwischen 1962 und 1965 zugeschüttet, nur die Straße Am Kanal erinnert an ihn. „Die Messbildaufnahmen unterscheiden sich außer durch das quadratische Format auch durch ihre besondere Schärfe von gewöhnlichen Fotos“, sagt „sans-tritre“-Chef Mikos Meininger. Alle gezeigten Aufnahmen sind 1:1-Abzüge der originalen Glasplatten. Die spezielle Technik wurde um 1910 – angetrieben durch die Preußische Messbildanstalt – vor allem im Raum Berlin und Potsdam angewandt. „Der Plan war eigentlich, das weltweit auszudehnen, das wurde dann aber durch modernere Methoden obsolet“, so Meininger. Die Rechte an den Bildern liegen bis heute beim Messbildarchiv in Wünsdorf, dem „sans titre“ hat man die Potsdam-Fotos für die Ausstellung und den Katalog kostenlos zur Verfügung gestellt. Unterstützung bekam das „sans titre“ auch vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Potsdam Museum.

Ganz ohne Kunst soll es in der Ausstellung dann aber doch nicht zugehen: Künstler aus dem Haus – also Chris Hinze, Mikos Meininger und der Verbund „Ornament und Versprechen“ haben sich von den historischen Aufnahmen inspirieren lassen und stellen die Ergebnisse im Untergeschoss aus – als Ergänzung und Transfer zur modernen Kunst. alm

Die Ausstellung „Potsdam vor 100 Jahren“ eröffnet am Donnerstag, 3. Juli, um 20 Uhr imKunsthaus „sans titre“, Französische Straße 18, und ist dann bis zu 4. August immer donnerstags bis sonntags von 15 bis 19 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

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