Kultur: Swing mit Intermezzo
Brandenburgische Big Band e.V. beging 25. Jubiläum im Nikolaisaal
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Manchmal muss man sich einfach mal selbst feiern. Auch wenn das Geld beim Brandenburgischen Big Band e.V. knapp ist, für das 25. Jubiläum sollte etwas Besonderes her: Also mietete der Verein den Nikolaisaal und lud am vergangenen Sonntag Verwandte, ehemalige Mitglieder und Dirigenten und alle Freunde der gepflegten Swing-Musik zu einem Jubiläumskonzert. Der Eintritt war frei, nur um eine Spende, die an die „Potsdamer Tafel“ ging, wurde gebeten.
Schon 1953 gründete sich an der Pädagogischen Hochschule der DDR das Hochschul-Tanzorchester (HTO). „Doch fast hätte man uns gleich zu Beginn einen Strich durch die Rechnung gemacht: Wir sollten uns auflösen“, erzählt Herbert Flügge, der Manager und Moderator bei Auftritten der Band. Die Leitung des Hauses bezeichnete die Gruppe als „kapitalistisches Unternehmen mit eigenem Manager“, für eine sozialistische Hochschule natürlich ein unhaltbarer Zustand. Das Orchester durfte schließlich doch weiter musizieren und erhielt im folgenden Jahr die Auszeichnung zum besten Laienorchester der DDR.
1955 löste sich das HTO auf, als sich die Musiker nach dem Abschluss des Studiums in alle Winde verstreuten. 26 Jahre später erhielt Flügge einen Anruf des ehemaligen Saxophonisten, der wieder in einer Big Band spielen wollte. Alte Kollegen wurden gefragt, neue Mitstreiter gefunden: die Brandenburgische Big Band war gegründet und der erste Auftritt, wenige Wochen später, fand im Kultursaal der NVA an der Potsdamer Humboldtbrücke statt. Seitdem hat die Amateurband auf unzähligen Bällen, Festen und auf Messen die Zuschauer begeistert.
Ein liebevoll ausgewähltes Programm haben sich die Big Band und ihr musikalischer Leiter Werner Scholl für das Jubiläum zurechtgelegt. Natürlich starten sie mit ihrem Liebling Glenn Miller und seinem Klassiker „Pennsylvania 6-5000“. Es folgen europäische und amerikanische Evergreens, wobei besonders „Musik für Mizzie“ und der Duke Ellington- Hit „I“m beginning to see the light“ im Ohr bleiben. Nicht immer laufen alle Übergänge glatt, alle Einstiege sauber, doch was zählt ist die „Liebe zur Musik und die Pflege der traditionellen Swing-Musik“, wie Flügge sagt. Die Zuschauer sehen das genauso und freuen sich sichtlich, die Songs der alten Zeit stilvoll präsentiert zu bekommen. Die Big Band spielt sich durch die frühen Jazz-Zeiten („Tiger Rag“), lässt immer wieder den großen Glenn Miller musikalisch auferstehen und scheut auch einen Abstecher in lateinamerikanische Gefilde bei „El Cumbanchero“ nicht. Auf Hochtouren laufen Big Band und Publikum bei „Rock around the clock“, dem „modernsten“ Stück des sonst eher traditionell ausgerichteten Orchesters.
Für Begeisterung sorgt ein überraschendes Intermezzo: Dirigent Werner Scholl jucken beim Anblick des großen Flügels auf der Bühne scheinbar die Finger. Also setzt er sich kurzentschlossen an die Tasten und lässt seine Hände bei der „Aufforderung zum Tanz“ von Carl Maria von Weber über die Klaviatur fliegen. Den Zuschauern, die Scholl zum Teil noch nicht von seinen klassischen Konzerten kennen, ist dies ein riesiger Beifall wert.
Nach über zwei Stunden und einigen Zugaben darf sich das Orchester aus dem heißen Scheinwerferlicht entfernen und das Jubiläum mit einer prickelnden Erfrischung an der Bar ganz unmusikalisch ausklingen lassen.
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