Kultur: Swingend und sehr laut
Das Landespolizeiorchester mit Weihnachtlichem im Nikolaisaal
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Wer wie das Landespolizeiorchester Brandenburg „Festliche Weihnachtsmusik für die ganze Familie“ offeriert, möchte mit entsprechend besinnlichen, aber auch fröhlichen und freudige Erwartung verheißenden Klängen dem hektischen, konsumorientierten Treiben in diesen Tagen entgegentreten. Steht jedenfalls auf dem Zettel jenes Programms, mit dem die Musiker in Uniform am Nachmittag des zweiten Adventsonntags in den Nikolaisaal eingeladen hatten, der vom erwartungsfrohen, die innere Einkehr suchenden Publikum bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Zur Einstimmung wird ihm die opulente Bearbeitung des bekannten Weihnachtsliedes „Adeste fideles“ serviert, dessen deutsche Aufforderung „Herbei, o ihr Gläubigen, freudig triumphierend“ der Dirigent Christian Köhler fast wortwörtlich auslegt, indem er sie mit einer die Ohren geradezu erschlagenden Lautstärke erklingen lässt. Die akustischen Besonderheiten des Saales mit seiner tückenreichen Präsenz müsste er eigentlich kennen, denn er weilt mit seinen Musikern ja nicht zum ersten Mal in diesem Musentempel. Schade, dass durch diese großprotzige Klanggeste jenes festliche Entree kaum eine Chance hat, Herz und Sinne wirklich zu berühren.
Swingend und laut ertönt die reich synkopierte Filmmusik aus Disney’s „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“, ebenfalls in einem Arrangement für Blasorchester, wobei die Klarinetten als Geigenersatz keinesfalls den ursprünglichen Streichersound erzeugen können. Ganz im Gegensatz zur reizvoll instrumentierten, mit viel Schlagwerk versehenen „Nussknacker“-Fantasie des Japaners Yo Goto für sinfonisch besetztes Blasorchester. Sie bietet eine originelle, komprimierte Fassung der weihnachtlichen Bescherungsgeschichte, einschließlich der effektvollen Mäuseschlacht nebst viel Sentimentalität. Originaliter ebenso das Sympho-Sound-Stück „With heart and voice“ von David R. Gillingham, wo nach einem bombastischen Vorspiel die Querflöte ein liebliches Thema vorgibt, das dann in mannigfaltigen Variationen durch alle Instrumentengruppen wabert. Allein sechs Schlagerzeuger sind für die Bedienung von Glockenspiel, Xylophon, Vibraphon, Röhrenglocken, Bremstrommel, Tempelblocks und weiterer Gerätschaften zuständig, die ihre Aufgaben vorzüglich erledigen und das Opus zu einem Fortissimospektakel anschwellen lassen.
Im Kontrast dazu steht die programmtitelgebende „Winterrose“, die mit bekannten Weihnachtsliedern und daraus abgeleiteten, nachdenklich stimmenden Textbetrachtungen zum Wunder der Heiligen Nacht die Weihnachtsbotschaft für die heutige Zeit und ihre Probleme gleichsam neu entdeckt. Sehr beeindruckend. Ganz nah an der verkündigten festlichen Weihnachtsmusik sind die von Gabriele Tschache vorzüglich einstudierten, klar und sauber singenden Potsdamer Vokalistinnen, die von einer (im Programm namenlosen) Pianistin begleitet werden und von John Rutters „Christmas Lullaby“ bis zu Siegfried Köhlers „Tausend Sterne“ den weihnachtlichen Kosmos durchstreifen. Für die zusätzliche verbale Moderatorenaufgabe während des gesamten Konzerts fühlt sich der Dirigent Christian Köhler zuständig und gewappnet, der mit seiner saloppen, anbiederischen und sprücheklopfenden Art jedem Losbudenverkäufer Konkurrenz machen könnte. Als Dirigent hat er die Truppe fest im Griff. Zugaben sind die Folge. Peter Buske
Peter Buske
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