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Kultur: Tanzen beginnt im Kopf, bis es dann den Körper erreicht

„Ètape Danse – Potsdam“ präsentiert zwei französische Choreografen in der Schiffbauergasse

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Wie dünne Häute hängen transparente helle und dunkle Stoffbahnen von der Decke. Sie trennen die Bühne vom Zuschauerraum. Wie durch Membranen oder Nebel wird das Publikum die Tänzer wahrnehmen, geht der Blick ständig hinter diffuse Grenzen.

Die „fabrik“ in der Schiffbauergasse hat zusammen mit dem Institut Français für das „Étape Danse – Potsdam“ zwei noch unbekannte französische Choreographen nach Potsdam eingeladen. „Das Étape Danse – Potsdam ist zum einen eine Veranstaltung für Tanzinteressierte, gleichzeitig aber auch eine Chance für die Choreographen ihre Arbeit vor internationalem Fachpublikum zu präsentieren.“ sagt Frauke Niemann von der „fabrik“.

In diesem Jahr wurden Yann Lheureux und das Choreografen-Duo Alexandre Roccoli und Séverine Rième eingeladen. Die beiden kommen ursprünglich aus Paris. Sie sind auch Yann Lheureux schon auf Workshops begegnet, ursprünglich kommen die Tänzer jedoch aus ganz verschiedenen Richtungen. Während der leicht ergraute Yann Lheureux über den Hip Hop zum zeitgenössischen Tanz gekommen ist, haben Alexandre und Séverine einen sehr ungewöhnlichen Weg gewählt. Ihre ersten Stunden nahmen sie im Atelier eines tanzbesessenen Malers. Obwohl die beiden schon lange zusammen tanzen, ist „Dérivation“ ihr erstes gemeinsames Projekt. Sie sehen sich auch weniger als Tänzer, sondern vor allem als Gestalter. Séverine Rième arbeitet auch als Lichtdesignerin. In „Dérivation“ möchten Sie ihr Publikum mitnehmen auf eine Runde, auf der es an vier bis fünf Stationen Tanz selbst erfahren kann. „Die Performance ist wie ein Parcours. An jedem Ort soll ein anderer Sinn angesprochen werden, bis sich alle Eindrücke in der Phantasie des Publikums zu einem Tanz verbinden.“ sagt Alexandre Roccoli. Die Idee zu diesem Projekt kam den beiden im vergangenen Jahr auf einem Patti Smith Konzert. „Sie hat in Lyon das Gedicht „Howl“ von Allen Ginsberg gesungen. Seine Worte rufen viele Assoziationen hervor, die sich sehr gut in Bewegung umsetzen lassen. Wir wussten sofort, dass wir daraus etwas machen wollten.“

Das Gedicht von Allen Ginsberg war 1957 Skandal umworben. „Es gab sogar einen Prozess, in dem „Howl“ als obszön bezeichnet und der Herausgeber verurteilt wurde.“ Zitate aus „Howl“ werden auch in der gemeinsamen Choreographie zu hören sein, an der Alexandre Roccoli und Séverine Rième erst seit Anfang dieser Woche arbeiten. Ob alles so funktionieren wird, wie sie sich das vorstellen, wusste Séverine am Montag noch nicht. „Wir werden sehen welche technischen Möglichkeiten es gibt und daraus etwas machen.“

Auch Yann Lheureux beschäftigt sich in seinen Stücken mit Wahrnehmung. Er setzt sich vor allem mit der Erfahrung von Grenzen, Beschränkung und physischer Beklemmung auseinander. Es geht ihm im Grunde um die Frage, was eigentlich Identität ausmacht. „Gerade Flüchtlinge haben für mich etwas Heldenhaftes. Sie überschreiten kulturelle Grenzen und müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, um es zu verändern.“ Lheureux möchte ihre Ängste und Verwundbarkeit in seinen Choreographien auf die Bühne zu einer Auseinandersetzung der eigenen Identität werden lassen. Lheureux hat bewusst Tänzer aus Berlin, Seoul und Johannesburg zusammengebracht. So findet das Überschreiten kultureller Grenzen auch auf der Bühne statt. Undine Zimmer

„Ètape Danse – Potsdam“ mit Yann Lheureuxs „Manifestement“ und „Reach our Soul“ um 19 Uhr in der „fabrik“ , Alexandre Roccoli & Séverine Rième mit „Dérivation“, 17-19 Uhr im Museum „fluxus+“ in der Schiffbauergasse. Im Anschluss beider Veranstaltungen findet ein Gespräch statt. Eintritt ist frei, Voranmeldung unter Tel.: (0331) 24 09 23

, ine Zimmer

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