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Kultur: Textdeutend, klar und direkt Der Vocalkreis Potsdam in der Friedenskirche

Es ist ein Abschiednehmen in Raten, ein Abschied vom Vertrauten, vom Liebgewonnenen, von einer Zeit, die bewegende Eindrücke sakralen Musizierens beim Zuhörer hinterlässt. Kirchenmusikdirekor Matthias Jacob, der Ende des Monates in den Ruhestand geht, nimmt das Abschiednehmen vom Amt mit seiner ihm eigenen Gelassenheit wahr.

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Es ist ein Abschiednehmen in Raten, ein Abschied vom Vertrauten, vom Liebgewonnenen, von einer Zeit, die bewegende Eindrücke sakralen Musizierens beim Zuhörer hinterlässt. Kirchenmusikdirekor Matthias Jacob, der Ende des Monates in den Ruhestand geht, nimmt das Abschiednehmen vom Amt mit seiner ihm eigenen Gelassenheit wahr. Am Sonntag dirigierte er letztmalig in der Friedenskirche Sanssouci den Vocalkreis Potsdam, ein Ensemble, das er vor fast 30 Jahren als übergemeindlichen Kammerchor gründete und der mit feiner Ausstrahlung das Potsdamer Musikleben und darüber hinaus erfreulich belebte. Unlängst gastierte er mit Erfolg in den Musikzentren Wien und Salzburg.

Unaufgeregt, ganz natürlich, die teilweise heiklen Passagen gut koordinierend dirigierte Matthias Jacob den Vocalkreis, der stets flexibel reagierte. Mit klaren, drucklosen Stimmen im Sopran und Alt, mit Männerstimmen von deutlicher Präsenz nahm er für sich ein. Unterkühlte Sterilität, wie sie heute bei Kammerchören oftmals zu vernehmen ist, hat keinen Platz, sondern ein warmherziges und lebendiges Singen. Der Vocalkreis brachte in seinem Konzert in der Friedenskirche traditionsgemäß A-cappella-Werke zu Gehör, die zu einem höchst anspruchsvollen Programm für die Sängerinnen und Sänger sowie Zuhörer gefügt waren. Gleich zu Beginn war nicht zu überhören, dass ihr Singen vornehmlich der Kirchenmusik gilt. Mit dem Credo für Chor und Orgel des Salzburger Komponisten Maximilian Kreuz wurde das Konzert eröffnet. Es ist eine kraftvolle Komposition entstanden, die im Dienst des Textes steht. Die geballte Kraft von Vokal- und Orgelbesetzung wechselt mit filigranen Passagen. Besonders eindrucksvoll die lichte und freudige Schilderung der Auferstehung, dem Resurrexit. Jacob, der Vocalkreis sowie Matthias Suschke an der Woehl-Orgel waren glänzend disponiert und verhalfen dem wirkungsvollen Werk zu einer beindruckenden Wiedergabe.

Der Kantor der Friedenskirche wendet sich in seinem künstlerischen Schaffen immer wieder Max Reger zu. Er ist frei von oft gängigen Vorurteilen, dass die A-cappella-Musik des Spätromantikers verzerrter Abklatsch Bachscher Chorsätze ist. Jacob hat bewiesen, dass Reger, der natürlich auch die Basis Bach nicht verleugnet, etwas Eigenständiges, Zeitloses geschaffen hat. So findet man beim Morgengesang und Nachtlied eine eng am Text orientierte Aussage. Jacob gestaltete sie in feiner harmonischer Ausgewogenheit. Über eine durchsichtige Struktur verfügen die „Sechs Sprüche zum Kirchenjahr“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, die mit vielen dynamischen Finessen vorgetragen wurden, ebenso das glaubensvolle „Pater noster“ von Giuseppe Verdi. Bachs Motette „Jesu meine Freude“ ist eine große Herausforderung für Chöre. Der Vocalkreis interpretierte sie textdeutend, klar und direkt. Doch wenn die Lautstärke etwas differenzierter ausgefallen wäre, hätte man sicherlich noch mehr Freude am Singen des Vocalkreises gehabt. Organist Matthias Suschke verhalf mit gediegen vorgetragener Orgelmusik von Sigfrid Karg-Elert, Orlando Gibbons und Johann Sebastian Bach den Vocalisten ein paar hilfreiche Ruhemomente, damit sie sich dann wieder erneut in das Programm stürzen konnten. Der Beifall war für alle Beteiligten sehr herzlich, vor allem für Matthias Jacob. Klaus Büstrin

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