Kultur: Tina Flaus Farbradierungen bei „Kalliope“
Uralte mühevolle Handwerkstechniken erscheinen in einer Zeit des schnellen „Downloadings“ wie die „Erinnerte Zukunft“. Ohne die unser immer rasanter werdendes Leben bedrohliche Dimensionen annehmen könnte.
Stand:
Uralte mühevolle Handwerkstechniken erscheinen in einer Zeit des schnellen „Downloadings“ wie die „Erinnerte Zukunft“. Ohne die unser immer rasanter werdendes Leben bedrohliche Dimensionen annehmen könnte.
Die Potsdamer Grafikerin Tina Flau widmet sich seit Beendigung ihres Studiums an der Dresdener Kunsthochschule der uralten Kunst des Handsetzens von Buchstaben auf Druckplatten und der Kaltnadelradierung mit höchster Akribie und Professionalität. Im Rahmen des Sommersalons in der Galerie Kalliope sind Grafiken der Zyklen „Welten“, „Dual oder das geteilte Bewusstsein“ und Auszüge des Künstlerbuches „tabula rasa“ zu betrachten. Ein wesentliches künstlerisches Mittel von Tina Flau ist die Reduzierung: Die Reduzierung auf nur eine einzige Farbe. Die Reduzierung auf nur eine einzige Grundform. Die Reduzierung auf nur wenige wichtige Ritzungen, die endgültig und unverrückbar mit faszinierender Sicherheit das Urbild beschreiben. Dem die zu betrachtenden Abbilder nie ganz gleichen.
Bei den fünf Blättern der Reihe „Dual oder das geteilte Bewusstsein“ verändert die fünffach wiederkehrende duale Grundform beständig ihre Oberflächenstruktur. Zunächst die Schwärze nur andeutend. Bis sie im Mittelpunkt der Reihe die duale Grundform vollständig überzieht. Die Bezeichnung „Welten“ für die zwölf weiteren Arbeiten scheint ein wenig hochtrabend daherzukommen. Und könnte möglicherweise auch als augenzwinkernde Ironie gedacht sein. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn die zu den Bildern gehörenden Bezeichnungen gelesen werden wie Sofa/ Rosarot/ Wechselwirkung/ Befüllung/ Jäger und Sammler/ In der Schwebe/ Kleinigkeit/ Segmente/ Vitrine/ Blaues Wunder/ Ausgang offen/ Austausch. Nur selten trifft man auf eine unmittelbar übertragbare Bezeichnung wie bei dem ersten Bild des rostbraunen Sofas. Die oft abstrakten Bezeichnungen und die ihnen zugeordneten Formen und Zeichen, die in unserem Erinnern tief verwurzelt zu sein scheinen, vermögen Denkprozesse in Bewegung zu setzen, die ganz außerhalb der Schrift verlaufen. Ganz in der Schrift und mit der Schrift arbeitet Tina Flau im Künstlerbuch „tabula rasa“. Die noch vertraute Sprache in der handgesetzten Schrift rechnet ab. Mit der Informationsflut der Beglückungswelten. Bruchstückhaft nachgezeichnet. Einen Textcorpus formend. Unförmige gesichtlose Tier-Mensch-Insekten-Körper treten aus der Schrift heraus. B.W.
Bis 13. September, Galerie Kalliope, Lennéstraße 64, Mo-Fr. 14-16 Uhr
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: