Kultur: Tradition und Aufbruch
Hartwig Spitzer schrieb „Die Bundesbürger in Agnesien“
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Hartwig Spitzer schrieb „Die Bundesbürger in Agnesien“ Im Jahre 1997 kam Prof. Hartwig Spitzer nach Potsdam. An der Justus-Liebig-Universität Giessen lehrte er bis 1990 Regional- und Umweltpolitik. Er kam in einer Zeit an die Havel, in der es eine Bewegung von West nach Ost und manchmal auch noch umgekehrt gab. Das Land zwischen Oder und Elbe wollten viele Altbundesbürger neu erkunden, für so manchen hatte es mit schmerzlichen und frohmachenden Erinnerungen zu tun. Der Agrarwissenschaftler, der am 1. März seinen 75. Geburtstag feierte, wählte Potsdam als seinen „Altersruhesitz“. Die Nähe zur Familie, die Schönheiten der Stadt mit ihren Parks und Schlössern veranlassten die Spitzers, in die einstige Residenzstadt zu ziehen. Hartwig Spitzer hat sie schätzen gelernt, doch vermisst er in ihr eine gut ausgestattete öffentliche Bibliothek. Schnell hat Hartwig Spitzer sich mit vielen Menschen Potsdams bekannt gemacht und sich engagiert, vor allem in der Friedenskirchengemeinde. Seine klugen Ratschläge werden immer wieder geschätzt, auch von den Mitgliedern des Gemeindekirchenrates, dessen Vorsitzender er mehrere Jahre war, und auch von den Gemeindebeiräten, zu denen er gehört. Als der Wissenschaftler nach Potsdam kam, führte ihn sein Weg zur Autorengruppe „Erinnerung und Gegenwart“, die bei der URANIA angesiedelt ist. Unter Anleitung des Schriftstellers Franz Fabian versuchen die Schreibenden sich im Verfassen der eigenen Lebenserinnerungen und ihrer künstlerischen Gestaltung. Mehrere von ihnen haben die Texte der Öffentlichkeit anvertraut, in von der URANIA herausgegebenen Büchern, auch Hartwig Spitzer war dabei. Aber er hat unlängst auch einen eigenen Roman – bereits der zweite – ediert, diesmal im Schibri-Verlag. „Die Bundesbürger in Agnesien“ nennt er sein umfangreiches Manuskript. Darin beschreibt er die Lebenswege von Menschen in der alten Bundesrepublik, die nach dem Zweiten Weltkrieg sich eine neue Existenz aufbauen mussten, auf dem Rittergut Bangert in Bad Kreuznach, auf einer Burg am Rhein und in Kloster Arnsburg in Hessen. Es wird ihre Provinz Agnesien – ein alter reichsgräflicher Besitz. Mit der Tradition und dem Aufbruch, der Enge und dem Teilhaben am Wirtschaftswunder, den beruflichen und persönlichen Erfolgen und Rückschlägen müssen sich die Alten und Jungen beschäftigen und sie durchleben. Man spürt in diesem Roman, dass Hartwig Spitzer diese Zeit selbst intensiv erlebte. Die Geschichte beginnt Anfang der fünfziger Jahre und endet mit dem Fall der Mauer. Sie ist mit großer Genauigkeit – der Autor benutzte dafür autobiografische Motive – geschrieben. Humorvolle Szenen wechseln mit sehr nachdenklichen Passagen. Ein wertvolles Kaleidoskop von Lebensgestaltungen, die den meisten Ostdeutschen bis Ende 1989 unbekannt geblieben sind, werden mit viel Herzenswärme vor Augen geführt. Hartwig Spitzer hat für seine Geburtstagsfeier ein kleines humorvolles Theaterstück geschrieben, in dem er der Frage nachging, wer eigentlich ein echter Potsdamer sei. Der Autor, der jetzt sieben Jahre in dieser Stadt lebt, ist auf dem besten Wege auch einer zu werden. Klaus Büstrin Hartwig Spitzer, Die Bundesbürger in Agnesien, Roman, Schibri-Verlga Berlin/Milow, 24,80 Euro.
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