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Kultur: Treibsand, Tanz und rosa Kalaschnikows

Zum Abschluss der Workshopwoche „WhatsArt“ wurden die Ergebnisse präsentiert

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Auf dem Schirrhof, direkt am Eingang zum T-Werk, musste man erst einmal stehen bleiben und lauschen – ein merkwürdig gluckernder Rhythmus war da zu hören, der aus einem leeren Wassercontainer kam. Der Berliner Streetart-Zusammenschluss „Asphalt Piloten“ montierte hier Alltagsgeräusche zu einem Zusammenspiel, ganz passend zum Workshop-Motto „Sounds und Beats der Stadt“. In der vergangenen Woche gab es unter dem Motto „WhatsArt“ in der Schiffbauergasse für junge Menschen ab 12 Jahren insgesamt neun Workshops aus den Genres Theater, Tanz, Hörspiel, Parkour, Bildhauerei und Schlagzeug – am Wochenende wurden die Ergebnisse präsentiert.

„Es war eine anstrengende, spannende und schöne Woche“, sagte Steven Kierek vom T-Werk, der durch das Programm führte – und überrascht war: Statt der erwarteten 50 Besucher waren es um die 150, die gerade so ins T-Werk hineinpassten, wo eine Theatervorstellung begann. Die Theatermacherin Janina Sasse inszenierte mit den Kids ein Theaterstück zum Workshop „Dein Leben – ein Spiel“, das einfach nur zum Brüllen komisch war: Eine anarchistische Inszenierung über eine Reisegruppe, die unter Reiseleiterin Tante Susi ins Unbekannte aufbricht. Dann werden Pumas verjagt, eine Schlange beschwert sich über die Touristen, per Google Maps geht es in die Sahara. Janina Sasse motivierte ihre Mitspieler zu Slapstick, der den Urkomikern von Monty Python in nichts nachstand: Im Treibsand wurde munter gestorben, Tante Susi orderte Edelholzsärge, eine Verlustrate von 45 Prozent bei der Reisegruppe – und zum Schluss machten die Überlebenden noch ein Selfie unter den Hashtags „#urlaub“ und „#yolo“. Treffer!

Nebenan im Studio dann die Präsentation des Tanz-Workshops von Christine Joy Alpuerto Ritter, Expertin für Hip-Hop, Breakdance und modernes Tanztheater von der Oxymoron Dance Company – und da stieß die Kapazität erstmals an Grenzen: Wer zuerst kam, durfte hinein, für die anderen gab es eine zweite Vorstellung. Die Tänzerinnen begannen fließend-zart mit der Show – natürlich eine falsche Fährte: Sobald die Schuhe angezogen wurden, ging es schneller weiter, expressiv bis akrobatisch. Akustische Verstärkung gab es vom Drum-Workshop, der ordentlich Lautstärke beisteuerte.

Draußen ging es dann vorbei am Schirrhof-Kahn, der auch zu einer Geräuschkulisse umfunktioniert wurde: Aus den an Bord versteckten kleinen Lautsprechern gab es ein Knarren und Rauschen. Aber auch Dinge zum Entdecken: Astrid Hohorst, die ja zurzeit mit der „friendly fire“-Ausstellung im Waschhaus-Kunstraum zu sehen ist, machte einen Workshop zu Bildhauerei mit Ton, Gips und Styropor, dessen Ergebnisse auf dem Schirrhof verteilt wurden. Manchmal waren die gar nicht so eindeutig: Der rote Pfeil auf dem Boden am Eingang zum Kunstraum war für manche nur eine Stolperfalle, die rosa Kalaschnikow auf Augenhöhe dagegen nicht zu übersehen.

Hindernisse sind beim Parkour, der von Christian Wohltat und Christian Lukas geleitet wurde, natürlich erwünscht: Im Vorraum der Waschhaus-Arena wurde geklettert und gerannt, über Holzpaletten, Treppengeländer. Das sah halsbrecherisch aus und mag einigen allzu gluckigen Eltern im Publikum vor Angst den Schweiß auf die Stirn getrieben haben.

Im Parkhaus musste extra eine Etage gemietet werden für die Videoinstallation der „Asphalt Piloten“: Es ging um die Geräusche der Stadt, eine Art akustische Spurensuche, die mit einem Stadtporträt verbunden wurde. Der Hauptbahnhof war dabei, der Wochenmarkt, und immer wieder Stadtgeräusche, die von elektronischen Klängen umrissen wurden.

Wurde sich am Parkhaus eher mit den leisen Tönen aufgehalten, gab es im Waschhaus dann den richtigen Krach – und besorgte Eltern, die ihren Kindern die Ohren zuhalten mussten. Lars Neugebauer ist Schlagzeuger, Komponist, Dozent, Sounddesigner, macht den „Drum Klub“ im Waschhaus – und bei „WhatsArt“ Leiter für den Drumming-Workshop. Und nirgendwo gab es so eine bunte Mischung: Die Kleinsten wurden aus ihrem Versteck unter Trommeln befreit, außerdem gab es noch Verstärkung von den Älteren aus seinen Workshops. Insgesamt fünf Schlagzeuge und jede Menge kleinere Percussion – das reichte allemal für ordentlichen Krach.

Steven Kierek vom T-Werk war auch hinterher noch reichlich sprachlos: „Dafür, dass es das erste Mal war, bin ich wirklich begeistert.“ Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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