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Von Klaus Büstrin: Treppauf, treppab

Kalender 2009: Albrecht Gülzow und Hans Bach entdeckten Potsdamer Treppen

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Es geht nicht anders. Wenn man die Treppe wieder hinunter gehen will, muss man sie zuvor benutzt haben, um nach oben gekommen zu sein. Die Wenigsten werden sich wohl per Seil in die Höhe hieven. Es geht eben treppauf, treppab. Schon in den allerfrühesten Zeiten der Menschheitsgeschichte wollte man nicht nur auf dem Erdboden leben, sondern es wurden Lagerplätze auf verschiedenen Höhen gebaut. Dabei hat man Baumstämme als eine Art Treppe verwendet, bei denen man in den Stamm mehrere Stufen einritzte. Das war der sogenannte Steigbaum.

Die Treppen machten im Laufe der Jahrtausende eine Karriere. In frühen Hochkulturen und der Antike baute man sie vor allem wegen ihres Symbolcharakters. Treppen galten als Sinnbild der Verbindung zwischen Himmel und Erde. Man denke nur an die alttestamentliche Geschichte von Jakob auf der Himmels- treppe. Besondere Treppen wurden auch zur Repräsentation und als Statussymbol gebaut. Da gab es dann reich geschmückte Treppenhäuser in Palästen und Bürgerhäusern.

Der Sanierungsträger Potsdam GmbH stellt in seinem Kalender 2009 vor allem Treppen in den innerstädtischen Sanierungsgebieten in der Landeshauptstadt vor. Er will den Betrachter einladen, sich den hölzernen, steinernen oder gusseisernen Auf- und Abgängen von Häusern während eines Spaziergangs zu nähern. Albrecht Gülzow übernahm die nicht leichte Aufgabe eine Auswahl von dem großen Treppen-Angebot in Potsdam zu treffen, der Fotograf Hans Bach dokumentierte die Sachlichkeit des Gegenstandes auf Bildern und gab ihm eine gehörige Portion Ausstrahlung hinzu. Das Besondere dieser Veröffentlichung ist, dass Aufmaße und Zeichnungen einzelner Treppen des Treppen-Spezialisten Friedrich Mielke wiedergegeben sind. Der Ehrenbürger Potsdams gehört zu den renommiertesten Denkmalpflegern des 20. Jahrhunderts. Er hat mehrere Bücher über Potsdam, der Stadt des Barocks und Klassizismus, geschrieben. 1985 gründete er die Gesellschaft für Treppenforschung (Scalalogie) e.V., der sich mehr als 70 Mitglieder aus neun Ländern anschlossen.

Da finden wir in dem Jahresweiser das Treppenauge im Happe-Röhrichtschen Haus (Yorckstraße 3), das, wenn man von oben nach unten schaut, wie ein Auge wirkt. Schinkel hat das Gebäude 1822 entworfen. Dann sind die halben Kegeltreppen des Alten Rathauses abgebildet, die wie die Stufen zu Friedrichs des Großen Sommerschloss Sanssouci aussehen, auch das Treppenhaus des repräsentativen Großen Militärwaisenhauses in der Lindenstraße oder die alten Steigespuren zum Stadtkanal haben Platz gefunden. Nicht nur in der Historie schauten sich Gülzow und Bach um, sondern entdeckten auch zeitgenössische Treppen, so die Sitzstufen auf dem Platz der Einheit, die Hinnerk Wehberg entwarf, und des Achitekten Augusto Romano  Burellis Außentreppe am neuen Heiligengeist-Turm. Diese, so Gülzow, soll Mielke sehr schätzen. Ansonsten meint der Denkmalpfleger, trauten sich wenige Treppenbauer von heute etwas zu. Und dennoch hat er einen Hoffnungsschimmer: „Unter den Star-Architekten ist die Treppe wieder en vogue. Die geben sich nicht mehr mit Normware zufrieden.“ Vorausgesetzt, sie setzen nicht auf Aufzüge statt auf Treppen. Treppen gibt es zwar in jedem hohen Bauwerk. Allerdings oft nur als Nottreppen.

Potsdamer Treppen 2009, herausgegeben vom Sanierungsträger Potsdam GmbH. Der Kalender ist beim Sanierungsträger, Potsdam, Voltaireweg 4a, kostenlos erhältlich, so lange der Vorrat reicht.

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