Interview mit Waschhaus-Chef: „Um so ein Haus zu verändern, braucht es Zeit“
Siegfried Dittler, seit über einem Jahr Geschäftsführer im Waschhaus, über kleine Schritte und das Potenzial der Schiffbauergasse.
Stand:
Herr Dittler, über ein Jahr sind Sie nun als Geschäftsführer im Waschhaus tätig. Wie fällt Ihr Resümee aus?
Wir hatten ein sehr bewegtes Jahr. Resümee heißt für mich vor allem auch, dass wir eine Vertragsverlängerung bekommen haben. Das war für mich ein ganz wichtiger Punkt, weil der Vertrag bis Ende 2013 befristet war. Jetzt läuft er zwei Jahre weiter. Das werte ich als Vertrauensvorschuss in unsere Arbeit, in die Arbeit von meinem Team und von mir.
Eine Arbeit, die sich vor allem im Programm widerspiegelt.
Ja, dokumentiert wird das sicher auch durch eine Vielzahl von Veranstaltungen. Das Open Air Kino fand ich ein wunderbares Festival in diesem Jahr. Es gibt wieder einen regelmäßigen Poetry Slam, der von Ehrenamtlichen auf die Beine gestellt wird. Und den Drum Klub, der von Lars Neugebauer, einem Potsdamer Künstler, mitinitiiert wurde. Ich denke, es hat inhaltlich einige interessante Veranstaltungen gegeben und es wird noch mehrere solcher Veranstaltungen geben, sodass mein Zwischenfazit durchaus positiv ist. Um so ein Haus zu verändern, braucht man auch eine gewisse Zeit.
Lesen Sie das vollständige Interview in der SILVESTERAUSGABE der POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN
Was hat Sie am Waschhaus am meisten überrascht?
Mich hat die hohe Komplexität des Hauses überrascht. Die schiere Größe und Fläche und das Zusammenspiel von verschiedenen Bereichen wie Tanz, Kunst und Musik auf der einen Seite und der Einbindung der ganzen Arbeit in den Kontext Schiffbauergasse auf der anderen, das alles hat doch eine hohe Komplexität. Gleichzeitig empfinde ich es aber auch als wunderbare Chance für das Waschhaus, in der Zusammenarbeit mit den Kollegen und Kolleginnen vor Ort diesen Raum, den wir hier haben, gemeinsam zu denken und zu bespielen.
Siegfried Dittler, geb. 1962 in Ebene Reichenau/Österreich, ist Geschäftsführer der Waschhaus Potsdam gGmbH. Dittler, der Kulturmanagement und Verwaltungswirtschaft studiert hat, war unter anderem Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des Veranstaltungszentrums E-Werk in Freiburg und vor seinem Wechsel nach Potsdam Geschäftsführer der Alten Feuerwache gGmbH in Mannheim. Im Oktober 2012 übernahm er die Geschäftsführung im Waschhaus in der Schiffbauergasse. (PNN)
Sie haben das Waschhaus in einem sehr schlechten Zustand übernommen. Von einem Programm, einem Profil konnte bei Ihrem Vorgänger keine Rede sein. Sie haben mit dem Poetry Slam, dem Drum Klub und Flava neue Reihen etabliert. Auch im Konzertbereich ist wieder eine Handschrift zu erkennen. Im Januar ist das Klavierfestival „The Art of Piano“ zu erleben. Das sind kleine, aber deutliche Schritte hin zu einem Profil. Sind diese kleinen Schritte bewusst auch aus Vorsicht gewählt, um zu schauen, wie das angenommen wird?
Bedeuten kleine Schritte ein vorsichtiges Agieren? Ich glaube, ein Haus braucht solche kleinen Schritte, um sich wirklich zu entwickeln. Es ist ja auch interessant für mich, was in Potsdam letztlich angenommen wird oder nicht. Da kann man noch so viel Berufserfahrung haben, jede Stadt ist anders, jede Stadt denkt anders, jede Stadt artikuliert sich kulturell anders. Kürzlich hatten wir beispielsweise „Jan Plewka singt Rio Reiser“ im Programm. Das war super, die Arena war ausverkauft. Da haben wir einen Nerv getroffen. „The Art of Piano“ ist dann wieder ein anderes, durch den Schwerpunkt auf den Jazz ein ganz spezielles Thema. Wenn man sich ansieht, wie groß der Anteil von Verkäufen an Jazz-Cds auf dem Musikmarkt ist, ist der doch sehr gering. Andererseits ist Jazz eine Ausdrucks- und Kulturform, die viele Menschen im Konzert erleben möchten. Mit diesem „The Art of Piano“ möchte ich einen Einstieg in ein Thema bieten, das nicht ausschließlich auf den Bereich Jazz fokussiert ist, sondern eine Tür öffnet für interessante Veranstaltungen, die nicht allein auf Musik beschränkt sein müssen. Ich hoffe, über diese kleinen Schritte manifestiert sich dann, wenn wir irgendwann auf diese drei Jahre zurückblicken, dass sich was verändert hat.
Das Gespräch führte Dirk Becker
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