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Die Summe seiner Eindrücke. Matthias Görnandt vor seinen Bildern.

©  Andreas Klaer

Kultur: Und die Landschaft wird zum Meer

Matthias Görnandts Ausstellung „Schiffe über Land“ im Museumshaus „Im Güldenen Arm“

Stand:

Sie wecken keine Reisesehnsucht, beschwören keine Bilder ferner Kontinente. Diese Schiffe wirken wie riesige Tiere aus einer anderen Zeit, die nur flüchtig diese Landschaften bevölkern.

„Schiffe über Land“ ist der Titel der Ausstellung mit Bildern und Lichtobjekten von Matthias Görnandt, die am kommenden Sonntag „Im Güldenen Arm“ eröffnet wird. Und je länger man vor diesen Bildern steht, immer Acryl auf Papier oder Karton, mal mit der Rolle wie lasiert, dann mit dem Malerspachtel wie zerkratzt, umso mehr Schiffe sind zu entdecken in diesen Landschaften. Nicht immer braucht es dafür das Meer.

Da ist „Die leere Landschaft (Prignitz)“ mit dem satten Grün, diesem warmen Rot. Ein vom Pflug wild gefurchter Acker, wie ein grünes Wellenspiel. Schaut man genauer hin, wirken die Furchen vom Pinselstrich wie geschachtelt. Mittendrin in diesem Grün, am Horizont, schwimmt wie ein Schiff, ein backsteinrotes Gehöft, eine längst verlassene Agraranlage mit zwei stumpfen Schornsteinen, die wie Segel in den Himmel ragen. Auf Görnandts Bildern wird die Landschaft schnell zum Meer.

Matthias Görnandt, vor 60 Jahren im thüringischen Bad Frankenhausen geboren, hatte schon früh mit der Malerei begonnen. Nach seinem Studium der Theologie in Jena aber wollte er nicht „auf die Kanzel kriechen“, erzählt Görnandt, während er die Bilder für die Ausstellung in Potsdam hängt. Er war für Restauratoren in Weimar tätig bis er 1976 endlich in den Verband Bildender Künstler der DDR aufgenommen wurde und freiberuflich als Maler arbeiten konnte. Doch immer stärker rückten Projekte für Theater, Funk und Fernsehen in den Vordergrund. „Das Malen kam so in die zweite Reihe“, sagt Görnandt. Nach der Wende arbeitete er acht Jahre für die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam, gründete mit dem „al globe“ das Brandenburgische Haus der Kulturen in der Charlottenstraße. Doch schon damals verspürte Görnandt das Gefühl, endlich nur noch das zu machen, was ihm Spaß bereitet. Und so rückte wieder stärker die Malerei in sein Leben.

Schon kurz nach der Wende hatte sich Görnandt zusammen mit seiner Frau einen alten Hof im kleinen Ort Krams in der Prignitz gekauft. „80 Einwohner, fast vergessen gelegen neben der Bundesstraße.“ Er erzählt von der gewaltigen Lindenallee, die sich wie etwas längst Vergangenes durch den Ort zieht, von der Schönheit während der Lindenblüte und es ist, als würden seine Bilder anfangen zu sprechen. Hier, in Krams, sind viele seiner Bilder entstanden. Mit Landschaften, in denen der Menschen, der nie auf Görnandts Bildern zu sehen ist, seine Spuren hinterlassen hat: Verlassene Gehöfte und Straßen, gepflügte Äcker und Strommasten, Dörfer wie Miniaturen am Horizont und in die Natur gefressene Wege. Hier, in der Prignitz, konnte Matthias Görnandt endlich wieder ausatmen. Und so sind seine Bilder wie ein Innehalten, eine Kontemplation über Natur und Gegenstand, ein Spiel mit der Form.

Die Landschaften, Orte, die auf seinen Bildern zu sehen sind, sind nicht authentisch, wie Görnandt sagt. Sie sind die Summe von vielen Eindrücken, die er bei Spaziergängen oder im Vorbeifahren gesammelt hat und die sich im Atelier zu seinen Traumlandschaften manifestieren. Landschaften, die zwar wie erstarrt wirken, die aber durch das – bewusst oder unbewusst – immer wieder auftauchende Meer- und Schiffmotive wie in einer zeitlosen Bewegung wirken. Vor gut vier Jahren kamen dann die wirklichen Schiffe auf die Bilder von Matthias Görnandt.

In Wankenhagen im Klützer Winkel an der Ostsee entdeckte Görnandt ein kleines Haus mit Reetdach, das neben Krams in der Prignitz zum zweiten Domizil wurde. Bei seinen regelmäßigen Spaziergängen sah er die gewaltigen Stahlkolosse, die von Travemünde kommend oder den Hafen verlassend, das Wasser der Ostsee pflügten. Eindrücke, die ihn nicht mehr losließen und zu Bildern und seinen verspielten Skulpturen aus Holz, Draht und Papier, genannt „Lichtschiffe, wurden.

Als ein Symbol für Ankunft und Abschied bezeichnet Görnandt diese Schiffe, die für ihn nur durch die Distanz etwas Geheimnisvolles bleiben. Je näher man ihnen komme, so Görnandt, umso hässlicher werden sie. Sie sind Konstanten bei seinen regelmäßigen Spaziergängen. Doch mit ihnen reisen, das möchte er nicht. „Das käme einer Entzauberung gleich“, sagt Görnandt. Und im Stillen stimmt man ihm zu, betrachtet seine Bilder und freut sich, dass er einen mitgenommen hat, in diese traumhaften Landschaften.

Die Ausstellung „Schiffe über Land“ wird am kommenden Sonntag, dem 15. Januar, um 15 Uhr im Museumshaus „Im Güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, eröffnet und ist bis zum 26. Februar, mittwochs bis sonntags, 12 bis 18 Uhr geöffnet

Dirk Becker

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