
© Andreas Klaer
Kultur: Ungefähr – nette Jungs
Gefühl für Musik, deutsche Sprache im Rausch und ein bisschen Kitsch: Am Freitag spielt die Band Approx. im Club Charlotte
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Da stehen sie, die vier: ein Empfangskommando, aufgereiht im Flur vor ihrem Probenraum, einem Haus mit dem Charme einer versifften Jugendherberge. Aber das muss wohl so sein. Hier wird nichts unnötig aufpoliert, nach der freundlichen Begrüßung geht es im Halbdunkel vorbei an einer Ledercouch, Bierkästen und Technikkoffern. Vor ihrem Auftritt am Freitag im Club Charlotte haben sich die Jungs von „Approx.“ zur Bandprobe verabredet.
Auf 15 Quadratmetern, die sie sich aus finanziellen Gründen mit einer zweiten Band teilen, haben sie es sich vergleichsweise gemütlich gemacht. An den Wänden Eierkartontapete, die Decke mit einem Strippennetz abgehängt. Die Bude ist voll, zwei Schlagzeugsets nehmen schon den halben Raum ein. Wer sitzen will, sucht sich einen Platz auf dem Boden.
„Es läuft gut in diesem Jahr, wir hatten etwa 20 Konzerte, und jetzt muss endlich ein Album her“, sagt einer – sie sehen alle so gleich aus, Kerle in ihren Zwanzigern, Studenten, Azubis, alle kurze Haare und alle sind sie nett, nicht dass da einer böse gepierct wäre oder ein auffälliges Tattoo hätte, langhaarig oder Rauschebartträger. Schließlich soll Christopher Falkenthal, Promo- und Muggen-Beauftragter, erzählen.
Es waren also zwei Michendorfer Brüder, Christopher und Sebastian Falkenthal, Gitarrist und Basser, dazu kamen drei Mädels, aber das ging nicht lange gut. Per Zeitungsannonce lernten sie Schlagzeuger Thomas Franke kennen, das passte, und als dann noch Gitarrist Erik Burmeister dazu kam, mit seiner ausgeprägten Neigung, Schlag auf Schlag Vorlagen für neue Songs zu liefern, war die Band komplett. 2007 gilt als das Geburtsdatum von Approx., und nach einigen Versuchen als Coverband stellten sie fest: „Das ist nicht unser Ding. Wir sind viel besser, wenn wir eigene Lieder machen“, sagt Christian.
„Andere machen Sport - ich muss ab und zu was aufschreiben“, sagt Erik zu seiner Motivation. Es gibt auch Texte, die sind „im Rausch entstanden“, und es klingt irgendwie niedlich, wie er dieses altbackene Wort benutzt. Wenn der Erik seine Entwürfe mitbringt, hören die anderen rein, lassen sich mitreißen, bis der Song steht. Deutschrock nennen sie das, was sie machen, differenzierter beschreiben können und wollen sie das nicht. Deshalb auch der Name: Approx. Vom englischen approximately bedeute das so viel wie ungefähr, etwas Unbestimmtes, Musik, die eben nicht zu beschreiben ist, erklärt der Pressebeauftragte. In jedem Fall ist ihnen die Sprache wichtig, es geht selbstredend um Liebe, um Verluste, Sehnsüchte und Wut, um Gefühle eben. Dennoch sei Eriks Sprache nicht so kitschig, lobt Kollege Sebastian. „Also ich finde manches schon kitschig,“, ziert sich der Texter, und vielleicht hat er recht, wenn man an Reime wie „Licht, zerbricht, hält, gefällt“ und Zeilen wie „ schrei deinen Namen in den Wind...“ denkt.
Doch ist das wichtig? Dieses Jahr hat sie der Booker von Rock in Caputh angerufen – „Der hat uns angerufen!“ – und sie durften auf der Hauptbühne spielen, nicht wie vor zwei Jahren auf einem Nebenschauplatz am Nachmittag, wo das niemanden wirklich interessiert. Das sei diesmal schon toll gewesen. Auch ihr Auftritt während der Erlebnisnacht war großartig, die Demo-CDs gingen gut weg, da sei es dann egal, dass es keine Gage gibt. „Also ich würde schon gern mal Kohle kriegen“, wirft Erik plötzlich ein.
Wovon sie träumen? Einmal ein Album unter professionellen Bedingungen aufnehmen können und es dann bei Mediamarkt im Regal stehen sehen. „Und dass dann die Leute mitsingen!“ Vorerst werden sie ihr erstes richtiges Album im eigenen Heimstudio aufnehmen müssen, aber es soll eins kommen, sie brauchen etwas für die Fans. Drummer Thomas Franke studiert Informatik, es wird schon irgendwie gehen, sagt er, auch wenn es vielleicht länger dauert. So haben sie wenigstens genug Zeit, ihren eigenen Sound zu entwickeln.
Am Freitag spielen sie im Club Charlotte, gemeinsam mit der Potsdamer Metalpunkband Dreadnought. Nein, es gibt keine Rangfolge, weder Vorband noch Hauptgig. „Aber Dreadnought haben die älteren Rechte, wir werden ihnen wohl die zweite Startposition lassen“, sagt Christian. Sie sind eben nette Jungs.
Steffi Pyanoe
Approx. spielen am Freitag, dem 26. Oktober, um 20 Uhr im Club Charlotte, Charlottenstraße 31, Eintritt 5 Euro
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