Von Dirk Becker: Uninspiriert
Das Mozart-Ensemble Berlin mit seinen „Trompetenklängen“ in der Friedenskirche
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Es habe sich „in den letzten Jahren kontinuierlich zu einem Spitzenensemble entwickelt“, behauptet das Mozart-Ensemble Berlin von sich selbst. Wie schön – nur ist von dieser vollmundigen Selbsteinschätzung beim Auftritt am Freitag in der überschaubar besetzten Friedenskirche kaum etwas zu hören. Im Rahmen ihrer mittlerweile zehnjährigen Berliner Klassiktage bieten die sechs Musiker vorrangig vorklassische „Trompetenklänge“. Manche Rarität, mitunter auch nur gestrichen, ist darunter. Kleinmeister der 3. Komponistenliga haben sie verfertigt. Musiker, die den stilistischen Anforderungen nicht unbedingt gewachsen sind, haben sie musiziert. Ein Genuss ist’s nicht immer.
Und so kippt die hehre Kunst unfreiwillig in ihr bizarres Gegenteil, wenn dem Trompeter Stephan Rudolph in der Höhe die Töne häufig wegbrechen und in der Tiefe sie sich nicht mal ansatzweise formen lassen. Solche intonatorischen Fehlleistungen sowohl auf Corno da caccia (Jagdhorn) als auch Piccolotrompete und üblichem Instrument erfreut die Ohren nicht sonderlich. In Leopold Mozarts Sinfonia da camera D-Dur für Jagdhorn, Violine und Streicher bläst es klar, scharf und direkt aus den Windungen des Corno da caccia, während die Geigerin Min-Jung Kang schneidig, mitunter geradezu forciert die Saiten in Schwingungen versetzt. Von „cantabile“ ist im Andante bei so ungeschmeidigem Musizieren kaum etwas zu hören, von den Beigaben einer 2. Violine (Annegret Pieske), Viola (Peter Bock) und Violoncello (Uwe Hirth-Schmidt) auch nichts. Dafür umso mehr vom Kontrabass (Toru Takahashi), der mit dem Corno um die (Klang-)Wette musiziert.
Einer Zitterpartie gleicht ebenfalls die Wiedergabe von Michael Haydns C-Dur-Trompetenkonzert, das hart im Ansatz vorgetragen wird, wobei nun auch Triller und Stakkati weit von ihrer Norm entfernt sind. Uninspiriert, romantisch spröde und fast durchweg im Fortissimo hören sich die signalartigen Trompeteneinwürfe in der bearbeiteten „Serenade“ aus Victor Nesslers Oper „Der Trompeter von Säckingen“ an, die sich als von wenig Gefühl geprägt erweist. „Behüt’ dich Gott, es wär’ so schön gewesen, behüt’ dich Gott, es hat nicht sollen sein“, heißt es geradezu selbstironisch in Werners Abschied, dem baritonalen Arienhit des einst viel gespielten Bühnenwerkes.
Bevor man sich darüber freuen kann, gilt es noch ein mozartnahes G-Dur-Divertimento für Streicher von Sigismund von Rumling (1760-1827), Intendant diverser Hofoperninstitutionen, zu überstehen. Klanglich unausgewogen, ohne Charme und schlecht phrasiert wird es lustlos heruntergefiedelt. Ein wenig erfreulicher hört sich dagegen das g-Moll-Cellokonzert von Matthias Georg Monn (1717-1750) an, in dem es nach Absicht des Komponisten zwar zu lebhaften Dialogen, aber keinem dramatischen Wettstreit zwischen den Partnern kommt. Uwe Hirth-Schmidt pflegt einen großen, geradezu feurigen Ton, so als gelte es Dvorak, Brahms und Tschaikowski gleichzeitig aufzuführen. Virtuos geraten die Ecksätze, langweilig das Adagio. Die Zeitmaße werden konsequent eingehalten, innerhalb eines Satzes jedoch nur wenig differenziert. Unterschiedlich auch der Vibratogebrauch von kaum (Violinen) über angemessen (Kontrabass) bis übermäßig (Solocello). Klanglich sachdienlich ist die Cembalistin Sabina Chukurowa in den Werken tätig. Letzte Anmerkung: bei Eintrittspreisen von 25 bis 35 Euro ist das Preis-Leistungsverhältnis deutlich aus den Fugen geraten. Peter Buske
Dirk Becker
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