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Kultur: Unprätentiös

Hund am Strand gastierten im Waschhaus

Stand:

Die Berliner Indie-Rock-Band Hund am Strand hat wirklich keine der so beliebten Rock’n’Roll-Klischees vorzuweisen. Weder sind die einzelnen Mitglieder des Trios exaltierte Persönlichkeiten, noch können sie auf irgendwelche Musikerexzesse zurückblicken.

Martin Thomas, Tina Mamczur und Fabian Schwinger fallen auch nicht durch Allüren oder affektiertes Gehabe auf. Ganz im Gegenteil. Auf eine unprätentiöse Art sind die Drei, die sich einst an der Uni kennen lernte, völlig normal, unauffällig.

So auch ihre Show, mit der sie am Mittwochabend im gut gefüllten Waschhaus stehen. Kein Glamour, keine großen Gesten. Einfach Musik pur. Ohne großes Aufsehen zu erzeugen, betreten die Musiker kurz nach zehn die Bühne und nehmen Stellung hinter ihren Instrumenten. Schlagzeuger Martin zählt seine Mitstreiter mit den Sticks in den Takt ein. Sänger Fabian greift in die Saiten und beginnt mit dem Song „Vier Akkorde“, dem Eröffnungsstück des Debüt-Albums „Adieu Sweet Bahnhof“. Er singt mit gepresster Stimme, bewegt sich dabei kaum. Doch das, was er dem Publikum mit seinem Stück verspricht, hält er für die Dauer der nächsten knappen Stunde. Aus den Boxen schallt es der hibbeligen Menge entgegen: „Ich stürze, oh ich falle, ich schließ die Türen auf für dich, wenn wir uns sehn, ist endlich Licht“. Und tatsächlich steht das Trio in einem regenbogenfarbenen Lichtgewitter vor seinen jugendlichen Anhängern.

Das Erstaunliche an Hund am Strand: Hülle und Inhalt sind nur schwer zusammenzubringen. Die Musik der Band ist schnörkellos direkt, eingängig und auf den Punkt. Viele der zehn Lieder des Erstlingswerks aus dem vergangenen Jahr ringen dem Hörer wenigstens ein verhaltenes Kopfnicken ab - oder versetzen ihn sofort in totale Euphorie. Nicht so die Bandmitglieder selbst. Mit fast schon stoischer Ruhe stehen sie auf der Bühne und halten sich an ihren Instrumenten fest. Ganz so, als könnten sie es selbst nicht fassen, was da gerade um sie herum passiert.

Nach einigen Liedern übernimmt dann das Publikum die Verantwortung für die Stimmung in dem Nebel durchzogenen Saal. Bei „Zeit zu trauern“ singt es mit biergestärkter Stimme: „Ist noch genug für dich, ist noch genug Zeit zum Trauern, liebes Herz“.

Wenig später, beim energischen „Jungen Mädchen“, fliegt schließlich ein T-Shirt aus dem Publikum auf die Bühne. Man mag es kaum glauben, doch in diesem Augenblick huscht Bassistin Tina ein zaghaftes Lächeln über das Gesicht. Das ist zwar immer noch nicht Rock''n''Roll - aber in der Bescheidenheit der Geste doch sehr charmant.

Nana Heymann

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