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Gedenken im Synagogenzentrum in Potsdam. Oberbürgermeisterin Noosha Aubel (Foto) erinnert an Novemberpogrome 1938.

© Andreas Klaer PNN/Andreas Klaer

„Unser Zusammenhalt ist an vielen Stellen brüchig“: Potsdams Oberbürgermeisterin Aubel erinnert an Novemberpogrome

Die Reichspogromnacht jährt sich zum 87. Mal. Oberbürgermeisterin Aubel nimmt ihre Gedenkrede zum Anlass, um für ein aktives Handeln im Namen der Menschlichkeit zu werben.

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Potsdams Oberbürgermeistern Noosha Aubel (parteilos) hat ihre Rede zum Gedenken an den 87. Jahrestag der Novemberpogrome zum Anlass genommen, gesellschaftlichen Zusammenhalt anzumahnen. Sie sehe „einen generationsübergreifenden Zusammenhalt“, sagte aber auch: „Ich muss darauf hinweisen, dass unser gesellschaftlicher und interreligiöser Zusammenhalt an vielen Stellen brüchig ist – gefährdet und bedroht“.

Die Gedenkrede hielt Aubel vor Vertretern der Jüdischen Gemeinden, Politikern und Schülern im Synagogenzentrum. Die Potsdamer Synagoge war eine mehr als 1400 Synagogen und Betstuben, die in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 verwüstet wurden. In der „Reichspogromnacht“ organisierten SA- und SS-Trupps gewalttätige Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung, zerstörten Tausende von Wohnungen und Geschäften.

„Gedenken führt uns zusammen und vor Augen, welche Schrecken auch in unserer Stadt, in Potsdam, von Menschen an Menschen verübt wurde“, so Aubel weiter. 1938 seien mehr als Scherben zu Bruch gegangen. „Unsere Menschlichkeit lag in Trümmern.“ Um sich wichtiger angesichts dessen sei heute gesellschaftlicher Zusammenhalt. „Die Erinnerung an diesen Zivilisationsbruch muss uns heute eine Selbstvergewisserung von menschlichen Grundwerten sein.“

Durch Gedenken entstehe „das Gefühl der Verbundenheit, Unterstützung und des gemeinsamen Handelns“. Dies sei umso dringlicher, da Anfeindungen und Antisemitismus zunähmen. „Sie nehmen zu in einer Weise, die uns wütend machen muss und uns dringlich auffordert: Wir dürfen Antisemitismus, Anfeindungen und Hass nicht akzeptieren oder gar banalisieren.“

Im Hinblick auf die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen am 2024 eröffneten Synagogenzentrum sagte Aubel: „Ich weiß, dass sich die jüdischen Gemeinden offene Türen für offene Begegnungen ersehnen. Es liegt an uns allen, diesen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen.“ An Gedenktagen wie dem 9. November gelte es, nicht nur zu mahnen, sondern zu einem „aktiven Handeln im Namen der Menschlichkeit“ zu finden.

Anlässlich des Gedenkens an die Novemberpogrome rief Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) zu mehr Hinsehen bei Antisemitismus auf. „Vor 87 Jahren wurden in aller Öffentlichkeit Pogrome begangen, für alle sicht- und hörbar. Proteste dagegen gab es nahezu nicht“, sagte Schüle nach Ministeriumsangaben in Potsdam. „Diese Gleichgültigkeit von vielen ermutigte die Nationalsozialisten weiterzumachen.“ Das habe geradewegs in die Schoah geführt.

„Auch heute grassiert wieder Antisemitismus, gibt es Ausgrenzung, häufen sich Übergriffe“, sagte die Ministerin. „Wir entscheiden, ob wir hinsehen. Ob wir zuhören. Ob wir widersprechen. Ob wir beistehen.“ (les, mit dpa)

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