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Kultur: Unterwegs sein

Kunstpreisträger von „blauorange“, Danh Vo, im Brandenburgischen Kunstverein

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Mit der erstmaligen Vergabe des Kunstpreises „blauorange“ steht seit einigen Tagen der Künstler Danh Vo im Rampenlicht. Die passende Bühne dafür hat ihm der Brandenburgische Kunstverein Potsdam bereitet. Hier fand die offizielle Preisübergabe und Eröffnung der Einzelausstellung „Untitled“ statt.

Als der in Berlin lebende Künstler von der Auszeichnung erfuhr, ergriff er die Gelegenheit beim Schopf. Von der Preisträgerausstellung erhofft sich Danh Vo eine angemessene Plattform, um die gewünschte Öffentlichkeit für ein Projekt zu erlangen, das ihm am Herzen liegt. Was Danh Vo nun in Potsdam zeigt, ist der Zwischenstand bzw. ein Ausschnitt einer anhaltenden Recherche und Spurensuche. 2006 führte sie ihn, auf der Suche nach seinen eigenen Ursprüngen, in das bergige Hinterland Zentralvietnams. Hier nahm Danh Vo die Einflüsse westlicher Kultur auf die vietnamesischen Bergvölker in seinen Fokus. Die Schnittmenge, die sich dort bildete, wo die Kultur der einfachen Bergvölker mit den Lebensgewohnheiten der westlichen Usurpatoren zusammenstieß, erfüllt den einstigen vietnamesischen Flüchtling mit Faszination.

Zurück in Deutschland hat Danh Vo ergänzend zu den aus dem Vietnam mitgebrachten Fundstücken weitere Objekte aus der Sammlung eines amerikanischen Militärberaters ersteigert. Ein Schwert, ein Gewehr, Teppiche, grob behauene Grabskulpturen aus verwittertem Holz werden in der Ausstellung des Preisträgers zu stummen Zeugen für ein Kapitel Geschichte, das als abgeschlossen gilt und ignoriert. Statt musealer Präsentation hat Danh Vo sie beinahe beiläufig im Raum arrangiert. Jedes Objekt spricht für sich. Erzählt Geschichten von Entfremdung, Entwurzelung und Heimatsuche.

Was als zentrale Botschaft über der Installation „Untitled“ schwebt, ist die Frage des Künstlers nach Identität und Zugehörigkeit. Die Enthüllung bisher kaum erforschter ethnologischer Zusammenhänge werden da eher zum interessanten Nebenaspekt. Das eigentliche Grundthema Danh Vos ist die Frage: Wo komme ich her, wo gehöre ich hin? Seine Auffassung, das wir nicht das sind, was wir glauben zu sein, sondern im Grunde nichts weiter als eine Persönlichkeitsprojektion aus Texten, Urkunden und Dokumenten stimuliert Danh Vo zu immer neuen Ausdrucksformen und Exkursen. Wer den fünfteiligen Katalogschuber zur Ausstellung in die Hand nimmt und sich in die Texte und Fotos vertieft, für den wird eher begreiflich, was sich hinter dem Statement des Künstlers verbirgt. Offizielle Dokumente und Fotos beurkunden und bebildern Danh Vos Patchwork-Identität. Intime Zeugnisse und Bekenntnisse werden auf diese Weise öffentlich, transparent und verbinden sich mit politischen Ereignissen, die die Lebenswirklichkeit des Künstlers prägten. Die Vita des 1975 in Vietnam geborenen Künstlers, der nach der geglückten Flucht seiner Familie im Boot zum dänischen Staatsbürger wurde, liest sich wie ein Abenteuer: Ein kunterbuntes Wirrwarr von Stationen, bei denen der Fall Saigons, der Berliner Mauer, die Eheschließungen und Scheidungen Danh Vo“s sowie seine späteren Liaisons, sein Studium an der Frankfurter Städelschule kurz: Persönliches und Politisches, Intimes und Öffentliches in der Bewertung des Künstlers gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Der von Danh Vo gestaltete und dabei formal wie inhaltlich ungewöhnliche Katalog wird zum Kern der gesamten Präsentation. Künstlerbuch und Ausstellung zusammen lesen sich wie ein Selbstporträt. Danh Vo präsentiert sich als ein Künstler, für den Aufbruch von Anfang an zum Leben dazugehört und der vielleicht immer unterwegs bleiben wird. Durch die Kompromisslosigkeit und Eigenständigkeit, mit der er sich anschickt, künstlerisch neue Wege zu beschreiten, hat Danh Vo die Jury blauorange 2007 überzeugt.

Mit dem Kunstpreis blauorange wird der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BVR künftig einmal im Jahr einen verheißungsvollen jungen Künstler aus Deutschland auszeichnen. Der Förderpreis ist insgesamt mit 20000 Euro dotiert und umfasst neben der Preisträgerausstellung auch die Erstellung einer Edition und die Veröffentlichung eines Katalogs in Form eines Künstlerbuches. Durch die Kooperation mit einem deutschen Kunstverein, unter dem die Preisträgerausstellung wechselweise ausgerichtet wird, profitieren auch die über Deutschland verteilten Kunstvereine sowie junge Kuratoren von dem auf Dezentralisierung setzenden Förderkonzept des BVR.

Bis 20.1.2008, Brandenburger Str. 5 Luisenforum, , Di-So 12-18 Uhr.

Almut Andreae

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