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Kultur: Verborgene Schätze eines Malers

Film und Diskussion über Ludwig von Hofmann im Kultur- und Kunstverein Kleinmachnow / Bedeutende Kunstsammlung in Potsdam

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Film und Diskussion über Ludwig von Hofmann im Kultur- und Kunstverein Kleinmachnow / Bedeutende Kunstsammlung in Potsdam Hat man diese Goldkörner bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt in die Waagschale geworfen? Immerhin umschließt Potsdam seit einigen Jahren den umfangreichen Nachlass des Malers Ludwig von Hofmann in seinen imaginären Mauern. Da diese künstlerische Hinterlassenschaft von privater Hand verwahrt wird – nicht als einzige Sehenswürdigkeit bildender Kunst in der Stadt –, ist das Publikum wie so oft auf private Initiativen angewiesen, damit sich ihm derlei Schatzkästlein eröffnen. Eine solche Gelegenheit bot der Kultur- und Kunstverein Kleinmachnow mit der Vorführung eines Filmes über den Maler samt anschließender Diskussion. Unwichtig, dass die halbstündigen bewegten Bilder von der DVD im September letzten Jahres schon vor der Studiengemeinschaft Sanssouci im Alten Rathaus gezeigt wurden. Die Intensität des schönen Films und mehr noch die Qualität der behandelten Kunstwerke verlangen nach Öffentlichkeit. Und so unprätentiös wie der optische Spaziergang mit „Ludwig von Hofmann (1861-1945) Nachlass und Archiv“ überschrieben ist, so unangestrengt kommen die in ruhiger Folge aneinander gereihten Sequenzen daher, von Klaviermusik stimmungsvoll begleitet. Mit einer erst seltsam anmutenden Impression muhender und grasender Rinder fängt Filmemacher Ephraim Rosenstein seine Zuschauer, um sie dann aus der Lebens- in die Kunstwelt des Malers mitzunehmen. Wie die Rinder in der Antike geschätzt wurden, so bedeuteten sie auch Hofmann viel, waren ihm Erinnerungsmale mythischer Zeiten. In bekannter Weise von Dokumentarfilmen über Künstler und ihre Werke lässt Rosenstein die Werke Hofmanns und Impressionen seines Lebens vorüberziehen,verbindet das „Selbstbildnis mit rotem Vollbart“ des 31-Jährigen mit einem stimmungsvollen Blick in ein gründerzeitliches Treppenhaus. Ein ähnliches mag sich im Haus der Berliner Hardenbergstraße befunden haben, das Hofmann von 1887 bis 1903 bewohnte. In der Hauptstadt des Kaiserreiches wurde er Mitglied der Berliner Sezession und begann seine lebenslange Freundschaft mit Gerhart Hauptmann. Hier schuf Hofmann auch einen schmalen Band mit Grafiken, die Rainer Maria Rilke zu seiner Gedichtfolge „Die Bilder entlang“ inspirierte, so sehr, dass der damals wenig bekannte Dichter seine Texte auf die leeren Rückseiten schrieb. Hofmanns Lebensweg, der 1903 erst nach Weimar an die Großherzogliche Kunstschule, 1916 an die Dresdner Kunstakademie führte, deutet Rosenstein in seinem Film nur kurz an, um sich in kluger Beschränkung auf den Nachlass zu konzentrieren. Er selbst ist Vorsitzender der Ludwig-Hofmann-Gesellschaft. Seine Frau, Ragnhild Kober-Carrière, erbte 1993 den Nachlass des Malers von ihrem Vater, der Patenkind des 1945 kinderlos gestorbenen Künstlers war. Welche Last und Arbeit das ererbte Konvolut von rund 1600 Handzeichnungen, einiger Bilder und umfangreichen Schriftgutes bedeutet, erläuterte die Landschaftsarchitektin in der folgenden, sehr angeregten Diskussion. Im Film ist die Erbin vor der breiten Front der Graphikschränke zu sehen und schildert ihr Umgang mit den Arbeiten, der sich um Laufe der Jahrzehnte von anfänglicher Fremdheit zu großer Nähe wandelte. Sie habe, urteilt Kober-Carrière im Film, „an den Bildern einen Reifungsprozess durchgemacht“. Für die Arbeiten Hofmanns brauche man ein Wissen, das ein Jugendlicher nicht hat. Es ist bitter, dass sie konstatieren muss, der „privaten Hand ist es finanziell nicht möglich, einen so umfangreichen Nachlass zu pflegen“. Um so erfreulicher, dass eine einjährige Maßnahme mit ABM-Kräften Mitte der 90er Jahre erlaubte, restauratorische und fachwissenschaftliche Grundlagen für den Umgang mit dem Archiv zu legen. Dankenswerterweise verzichtet der Film auf akademische Kommentierung. Er führt in Kamerafahrten und Schwenks, mit Zooms und Überblendungen in puristischer, aber niemals langweiliger Weise die Werke Hofmanns vor Augen: Den Fries im Staatstheater Weimar und die Wandbilder im Senatssaal der Universität Jena, Sopraporten für Henry van de Velde und zahlreiche Blätter mit Studien. Eines von ehemals zwei Bildern befindet sich in der Deutschen Bibliothek Leipzig. Und in das Rathaus von Pankow wurden mit dem Trauzimmer vom Standesamt an der Fischerbrücke auch Wandmalereien Hofmanns gerettet. Wie groß sein gesamtes künstlerisches Werk sei? Selbst Rosenstein und Kober-Carrière, die sich über ein Jahrzehnt intensiv damit beschäftigen, schätzen, nur die Spitze des Eisbergs zu kennen. Vielleicht befördert eine Ausstellung, die zum 150. Geburtstag des Malers 2011 geplant ist, die wissenschaftliche Erforschung. Rosenstein, der Hofmanns Werken erstmals in den 70er Jahren nur flüchtig begegnete, beschreibt seine Erfahrungen so: „Ludwig von Hofmann und sein Werk funktioniert wie ein Virus mit unbestimmter Inkubationszeit“. Für das nicht unbedeutende Werk des Malers bleibt zu hoffen, dass sich diese launige Prophezeiung bestätigt. Oder sollte Potsdam gegen derlei Infektionen immun sein? Götz J. Pfeiffer

Götz J. Pfeiffer

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