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Kultur: Vergnüglich, verspielt, virtuos

Bonner Ensemble für Alte Musik in der Heilandskirche / Sacrower werben für neue Orgel

Bonner Ensemble für Alte Musik in der Heilandskirche / Sacrower werben für neue Orgel „Wochenend und Sonnenschein“ drehorgelt es gassenhauerisch im Sacrower Schlosspark unweit der Heilandskirche. Der Titel passt so recht zu den naturalen Gegebenheiten dieses etwas abseits gelegenen Areals. Segelboote und vollbesetzte Ausflugsdampfer schippern fast pausenlos vorüber. Die Fähre (von der Anlegestelle Glienicker Brücke) verkehrt allerdings nicht, schließlich gehört dieser Sonntag ja nur zum ausflugsintensiven Wochenende! Touristenunfreundlicher geht''s wahrlich nicht. Kulturland Brandenburg?   Für Landschaftserkunder gerät das Erreichen des idyllischen Landstriches ziemlich mühsam. Die Schloss-Gastronomie offeriert ein kärgliches Angebot, dessen Krönung in Bockwurst für Einsfuffzich (Euro) besteht. „O Donna Klara“ möchte man mit dem weithin durch den lichten Wald tönenden Leierkastenlied ausrufen. An diesem Instrument ist, standesgemäß kostümiert, ein Mitglied des Fördervereins „Ars Sacrow“ e.V. nebst Frau und Kind zugange. Zur Erheiterung des pp. Publikums trägt er die „Moritat von der Kirchenorgel zu Sacrow“, frei nach der Weill“schen Melodie von Mackie Messer, vor. Wenig heiter ist''s, was dem einstigen, vom Potsdamer Orgelbauer Gottlieb Heise 1846 errichteten Instrument angetan wurde. Wenige Tage nach der Christvesper 1961 wüteten Vandalen im Gotteshaus, zerstörten Orgel und Inneneinrichtung. Einzig die Orgelbank und der Blasebalg blieben erhalten. Seit Jahren verweist ein Blendwerk aus Pappe auf die wieder aufzubauende Orgel. Die kostet 190000 Euro. Mehr als die Hälfte sind inzwischen beisammen. Um den Rest möglichst bald zusammenzubekommen, starten Kirchengemeinde und Förderverein die Aktion zur Übernahme einer Orgelpfeifenpatenschaft. Jedermann kann sich dabei seinen Wunschton erpaten: ein „C“ aus dem Subbass-Register 16 Fuß ist für 500 Euro zu haben, ein eingestrichenes „g“ aus dem Acht-Fuß-Prinzipal für 250, ein dreigestrichnes „d“ aus der Oktave Vierfuß für 125 Euro. Ein Patenbrief, als Kupferstich gestaltet von dem Potsdamer Künstler Rainer Ehrt, ist Brief und Siegel fürs persönliche Engagement.  Mit dem wartet auch das Bonner Ensemble für Alte Musik auf, das mit gefälligen Triosonaten für Altblockflöte (Christiane Everlin), Flauto traverso (Wolfgang Mader), Viola da Gamba (Leonore von Zadow-Reichling) und Cembalo (Lore Everling) die Musenliebhaber zu erfreuen sucht. Mancher unbekannte Name ist unter den Verfassern dieser Gebrauchswaren, wie sie einst im Dutzend verfertigt wurden. Der an diversen Höfen zwischen Hessen-Kassel und Schweden wirkende Johann Christian Schickhard (1682-1762) gehört genauso dazu wie der in der kgl.-preußischen Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth tätige Jakob Friedrich Kleinknecht (1722-1794). Allesamt sind es aufgeräumte Bläsereien, die reizvoll mit Klangfarben spielen.   Vergnüglich ist anzuhören, was einst dem Vergnügen der hohen Herrschaften diente. Beispielsweise Johann Joachim Quantzens g-Moll-Sonate, in der die Bläserstimmen zu einfallsreichem Duettieren finden, eine differenzierte Dynamik entwickeln, zum virtuosen Wettstreit antreten. Galant und kapriziös geht es in der G-Dur-Sonate für zwei Traversen und Basso continuo von Johann Adolf Hasse zu; ernst und ausdruckstief, dann galant in Carl Philipp Emanuels Bachs C-Dur-Sonate für Gambe, die von der Instrumentalistin mit aller gebotenen Intensität gespielt wird. Nicht immer gleichmäßig geht der Atemfluss für Francesco Mancinis (1672-1737) a-Moll-Sonate für Altblockflöte und B.c., sodass Intonationstrübungen leider nicht ausbleiben, besonders in den langsamen Sätzen. Nächstes Benefizkonzert: „Hommage an Henry Purcell“, 1. 8, 15 Uhr, Heilandskirche Sacrow.

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