Kultur: Verschwenderisches Glück
Christian Quadflieg, die Lautten Compagney und die Capella Angelica stimmten in die Weihnachtszeit ein
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Wer die Welt der Malerei und der Musik nach weihnachtlichen Themen durchforscht, sieht sich in jeder Epoche abendländischer Geschichte einer fast unüberschaubaren Fülle gegenüber: von der mittelalterlichen Buchmalerei bis zu Martin Schongauer und von da bis zu unserer Zeit, von Michael Praetorius“ Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ bis zu Hugo Wolfs „Schlafendem Jesuskind“ und weiter bis zu Hugo Distler geht es treppauf und treppab. Klagte man lange Zeit, dass es im Bereich der Dichtung solch ein verschwenderisches Glück bislang nicht anzutreffen war, so stellt man nunmehr fest, dass Autoren unserer Tage sich dem Thema Weihnachten immer mehr zuwenden, dass Texte, die vor Jahrhunderten und Jahrzehnten geschrieben wurden, wieder entdeckt werden – auch von Buchverlagen.
Verschwenderisches Glück von Literatur und Musik zur Weihnachts- und Winterszeit machte sich am Sonnabend während des Konzerts „Stars international“ im Nikolaisaal breit. Man lud den Hamburger Schauspieler und beliebten Fernsehstar Christian Quadflieg zum Vorlesen, die Lautten Compagney und die Capella Angelica – beide Ensembles kommen aus Berlin – zum Musizieren und Singen ein. Auch das Publikum reihte sich in die Sängerschar ein. Drei bekannte Lieder durften es mitsingen und die meisten Zuhörer haben freudig davon Gebrauch gemacht.
Die kleinteilige, aber nicht zusammenhanglose Folge von Liedsätzen, Instrumentalstücken und Texten war im besten, unverkitschten Sinne eine Einstimmung: ein freudiges Warten auf die Geburt des Erlösers, ein Hinführen auf die Weihnachtszeit, obwohl einige Dichtungen von Erich Kästner oder Bertolt Brecht mit den Ursprüngen von Weihnachten nur ganz von ferne Verbindungen halten oder gar nicht.
Wenn man von den beiden italienischen Pastoralen von Biagio Marini und Arcangelo Corelli einmal absieht, haben die Veranstalter darauf geachtet, dass in dem Konzert ausschließlich deutsches Liedgut zu Gehör gebracht wird. Von Johann Hermann Scheins „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ über Johann Georg Ebelings „ Fröhlich soll mein Herze springen“ bis zum Geistlichen Konzert „Ach mein herzliebes Jesulein“ von Johann Schelle wurden alle Sätze von den Mitgliedern der Capella Angelica mit sängerischer Kultur und wunderbarer Balance geboten. Mit einem reichhaltigen Instrumenatrium wartete die Lautten Compagney unter der Leitung von Wolfgang Katschner auf. Geigen, Cello, Kontrabass, Blockflöte, Cembalo, Orgel, Laute, Theorbe, Maultrommel und weitere Percussionsinstrumente gaben vor allem der Begleitung der Chorsätze Farbigkeit und eine fröhliche Spiellaune. Heiterkeit stellte sich nämlich neben aller Besinnlichkeit an diesem Abend ebenfalls ein, in der Musik und in der Literatur.
Christian Quadflieg hatte vor allem Gedichte in petto. Da vernahm man Georg Trakls innige Verse vom Winterabend oder Erich Kästners köstliche Weihnachtsanweisungen für Anfänger und Fortgeschrittene, ganz unterschiedliche Betrachtungen über die heiligen drei Könige von Wilhelm Busch, Rainer Maria Rilke und Heinrich Heine sowie Reflektionen Theodor Fontanes und Ludwig Thoma“s über das Christfest. Quadflieg fand, nachdem er den Singsang in seiner Stimme abgelegt hatte, zu einer eindrucksvollen Interpretation, bei der er die jeweilige Stimmung der lyrischen Erfindungen genau traf.
Der Beifall am Schluß war freundlich, nicht enthusiastisch. Vielleicht lag es daran, dass dieses Konzert frei von aller bombastischen Virtuosität war, sondern eines, das sich eher still in die Herzen der der Zuhörer begab.Klaus Büstrin
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