zum Hauptinhalt

Kultur: Versiegelte Zeit

Die düsteren Phantasien des russischen Malers Igor Oleinikov im Kunsthaus

Stand:

Sie ziehen den Blick magisch in andere Welten, die Bilder von Igor Oleinikov. Ungewöhnlich sind sie, höchst ungewöhnlich, voller Kraft und ausdrucksstark. In der Ausstellung „versiegelte zeit“, die ihren Titel nach einem der im Kunsthaus Potsdam gezeigten Bilder des russischen Malers erhielt, gilt es einen Künstler zu entdecken, dessen Vorstellungskraft und technisches Repertoire den gewohnten Mainstream weit hinter sich lässt.

Die in Öl auf Leinwand gemalten Bilder und Bleistiftzeichnungen der Ausstellung im Ulanenweg entstanden allesamt in diesem Jahr. In Titeln wie „Kompromisslosigkeit“, „Fluss in Rot gewickelt“ oder „Vom Frost in Stein gehauen“ klingt bereits etwas von der Sonderbarkeit an, die gerade die großformatigen Leinwänden ausstrahlen. Konkrete Motive wie Landschaften oder Figurengruppen werden in der malerischen Behandlung verfremdet und einer neuen Wirklichkeit einverleibt. Vor dem Hintergrund einer grauen, nur schemenhaft angedeuteten Kulisse wälzt sich in dem „Kompromisslosigkeit“ betitelten Gemälde ein rot glühender Fluss wie ein Lavastrom dem Betrachter entgegen. Signalrot leuchtet es auch aus dem Bild „Spiegelung (Menschen)“. Verschiedene Figurengruppen sind auf einer Fläche von 1,90 x 2,40 Meter zu einer dramatisch aufgeladenen Simultandarstellung unterschiedlicher Szenen zusammengefasst. Ein Erzählzusammenhang ist nicht klar erkennbar. Stattdessen scheinen sich in dem Anspielungsreichtum der Bildkomposition gleich mehrere Geschichten zu verbergen.

Einer nicht weniger geheimnisvollen Bildsprache bedient sich der Maler Igor Oleinikov in den beiden Bildern „Licht (Menschen)“ und „Versiegelte Zeit“. Die Figuren sind schemenhaft erfasst und bevölkern den Bildraum wie eine traumhafte Erscheinung. Etwas Unheilvolles, teilweise Bedrohliches geht von diesen Bildern aus. Zitate aus erlebter militärischer Vergangenheit dräuen in einigen Bildschöpfungen immer wieder hoch. Die Farbskala lebt von fein nuancierten Grauabstufungen, die stellenweise an die sfumato-Malerei alter Meister erinnert und wird stellenweise scharf kontrastiert durch den effektvollen Einsatz der Farbe Rot. Ebenso charakteristisch für die Bilder Igor Oleinikovs ist die Art und Weise, wie er seine Kompositionen durch eine dramatische Lichtführung in Szene setzt. Ein Stilmittel ist auch das Verwischen der Farbe. Auch dieses trägt entscheidend zur gewünschten traumhaft-surrealen Stimmung bei. Caravaggio und Tintoretto, zwei erklärte künstlerische Vorbilder Oleinikovs, lassen grüßen.

Neben den dominanten Ölbildern haben es die weniger spektakulären Zeichnungen etwas schwer. Im Verhältnis sind sie wesentlich konkreter, gleichzeitig weniger suggestiv. In ihnen reflektiert Oleinikov menschliche Grenzerfahrungen wie Einsamkeit, Flucht und Überlebenskampf.

Das malerische Talent von Zeppelin Oleinikov, wie der 1968 im südrussischen Krasnodar geborene und in einfachen Verhältnissen aufgewachsene Junge eigentlich hieß, wurde bereits früh erkannt und gefördert. Sein künstlerischer Werdegang hat Igor Oleinikov über allerlei Umwege, u. a. als Propagandamaler einer militärischen Einheit, schließlich über Moskau nach Deutschland geführt. An den Kunstakademien in Karlsruhe und dann in Düsseldorf, wo Oleinikov sein Studium fortsetzte und 2003 Meisterschüler von Prof. Markus Lüpertz wurde, hat er bis zum heutigen Tag seine Ateliers. Nun wird er sich möglicherweise verstärkt auch nach Berlin orientieren.

Die aktuell in Potsdam zu sehenden Arbeiten Igor Oleinikovs zeigen eine vor allem von düsteren Phantasien und Erinnerungen gefärbte Seite des Künstlers: voll innerer Dramatik. Hinter diesen Bildern steckt ein künstlerisches Talent, dessen Möglichkeiten jedoch noch in ganz andere Richtungen weisen. Eine ebenfalls in der Ausstellung zugängliche Mappe des Künstlers offenbart den brillanten Zeichner und Illustrator. Sie bescheinigt ihm einen etwas skurrilen Sinn für Humor.

Die Ausstellung „versiegelte zeit“ mit Malerei und Zeichnungen von Igor Oleinikov im Kunsthaus Potsdam endet am 1.Oktober. Geöffnet Mi 11-18, Do/Fr 15-18 und Sa/So 12-18 Uhr.

Almut Andreae

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })