Kultur: Verwirrung zum Abschluss
Das letzte Konzert beim Potsdamer Jazzfestival
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Dieser Abschluss war alles andere als überzeugend, zumindest was seinen Auftakt betraf. Fünf Tage lang hatte das mittlerweile 11. Potsdamer Jazzfestival mit einem facettenreichen Programm überzeugt. Und am Sonntag war der entsprechende Ausklang im Waschhaussaal geplant. Eingeladen war die aus Italien stammende Band At The Soundawn, die unterstützt wurden von den Leipzigern The Sonic Boom Foundation. Und genau das war der Knackpunkt. Beide Bands fahren eindeutig eine härtere Gangart. Während die Jungs aus Leipzig Elektro mit Metal und Indie mixen, findet man bei den Italienern eindeutige Hardcoreeinflüsse. Warum beschließen dann gerade diese beiden Bands ein Jazzfestival?
Es bleibt Spekulation, ob es der aktuelle „Tatort“ war, der die Potsdamer in ihren Wohnzimmern vor den Fernsehern hielt, oder genau diese Frage und die damit verbundene Skepsis ob des gewagten Experimentes mit dem Unerwarteten und Unbekannten. Eins steht fest, der Saal des Waschhauses war gähnend leer. Die Bands reagierten professionell. Der Opener The Sonic Boom Foundation spielte laut und schnell und lieferte eine Show, in der alles erlaubt schien und die Anlage in ihren Möglichkeiten beinahe ausgereizt wurde. Die Wurzeln der Band liegen in der Rave-Bewegung der 80er, deren Elektroklänge die Bandmitglieder mit Rock und Metal verbinden. Es gibt psychedelische Videosequenzen, tanzende Skelettpuppen, einen rockenden Plüschesel oder Teletubbies auf Endlosschleife. Diese Formation ist Trash, ist eine Kunstform, die sich selbst kreiert. „Create yourself“ schließlich auch der Titel des 2006 erschienenen ersten Albums. Als die Jungs dann nach 45 Minuten die Bühne räumen, klingeln nicht nur die Ohren, sondern die Frage nach den Jazzeinflüssen ist immer noch unbeantwortet.
Und dann kommen At The Soundawn auf die Bühne. Die Band, klassisch mit Gesang, Schlagzeug, zweimal Gitarre und Bass besetzt, ist mit einem Trompeter nach Potsdam gereist. Schnell stellt sich die Frage nach seiner musikalischen Durchsetzungskraft. Gitarren und Bass sind energetisch und brachial, Sänger Luca De Stefano reizt seine Stimme bis zum Äußersten. Doch plötzlich bricht der so kraftvoll begonnene erste Song, das Licht auf der Bühne wird weicher, der Sound melodischer. Und dann setzt die Trompete ein. Ein überraschender, schöner Wechsel. De Stefano ist elegant und gefühlvoll, trotz seines harten Gesangs. Der Sound ist von Melancholie durchzogen, Gitarren und Bass weben einen homogenen Klangteppich und erzeugen etwas Sphärisches, das plötzlich wieder bricht und von einer Hardcorenote und schweren Gitarrenriffs abgelöst wird. Mit dem leichten Einfluss des Jazz findet die Einladung von At The Soundawn zum Abschluss des Festivals auf jeden Fall seine Berechtigung. Die Idee ist innovativ und erfrischend, das Jazzpublikum vielleicht aber einfach noch nicht bereit dafür. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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