Kultur: Vielseitig
Der Potsdamer Jazz-Gitarrist Thorsten Lorenz
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Wer in Potsdam einen jungen, adretten Mann sichtet, der ganz in Schwarz mit einem Anhänger voller Gitarren radelt, dann ist das kein Schornsteinfeger auf Umschulung, sondern der Jazzgitarrist Thorsten Lorenz, der mal wieder zu einem seiner Gigs unterwegs ist. Denn Lorenz ist ein Mann, der gerne seine verschiedenen Leidenschaften und Potentiale zu einem Ganzen verbindet. Was liegt da näher als per pedales zu den Auftritten zu reisen, auch wenn diese mal in Berlin oder Werder liegen. Diese unkonventionelle, lockere Art macht Thorsten Lorenz so unglaublich sympathisch.
Doch beginnen wir von vorn: Angefangen hat alles im Jahre 1989 an einem Ort, wo wohl auch Musikerkarrieren beginnen: In der Stadtbücherei! „Ich habe zuerst die Platten von John Coltrane gehört und fand es einfach schrecklich“, beschreibt Lorenz seine vorpubertären Erfahrungen mit dem Jazz. Inspiriert von dem einflussreichen Jazzvirtuosen Wez Montgomery, beginnt Lorenz dann trotzdem Gitarre zu lernen und findet damit Zugang zu den blue notes. Richtig intensiv wird die Liebe zum Jazz, als die Familie in die USA umsiedelt und der Potsdamer bei seinem IT-Studium den Gitarrenlehrer der Universität in Houston kennen lernt. Dieser erkennt das Potential des Computerfachmannes und so bietet sich für Lorenz die Möglichkeit zu einem Zweitstudium im Fachbereich Musik. Doch einhergehend mit dem Doppelabschluss Musik/Informatik verlangt ihm das Leben eine weitreichende Entscheidung ab. „Mit Ende meines Studiums lief meine Aufenthaltsgenehmigung aus und die Bedingungen für eine Greencard waren, entweder ich bringe den Nachweis über eine anerkannte Beschäftigung oder ich hätte heiraten müssen“, erzählt Lorenz.
Um weiter Musik machen zu können, kehrt er nach Potsdam zurück, wo er seit 2004 als freier Jazzgitarrist in verschiedenen Formationen wirkt. Unter anderem spielt er in dem Duo „Swingalicious“, im Quartett „Swing Low“ oder gemeinsam mit seinem alten Gitarrenlehrer Dietmar John. Der Grund, weshalb Lorenz in zahlreichen Projekten aktiv ist, liegt für ihn auf der Hand: „Man muss im Jazz vielseitig sein und schließlich von den Engagements ja leben können!“ Free-Lancing nennt man das. Ansonsten zählt Sprunghaftigkeit nicht zu seinen Charaktereigenschaften. Diszipliniert übt er jeden Tag 6- 8 Stunden, um die musikalischen Werkzeuge griffbereit zu haben, mit denen er seinen Emotionen Ausdruck verleihen kann. Darin liegt für ihn der Reiz des Jazz. „In der Improvisation hast du die Gelegenheit Gefühle instrumental zu beschreiben, die verbal nicht zu fassen sind“. Diese Kunst immer weiter zu perfektionieren, ist eine Herausforderung. Wenn er spielt sind die Töne nur noch Kommunikationsmittel und bestenfalls verschmelzen Künstler und Publikum in einem einzigen energetischen Feld. Wer neugierig geworden ist, kann sein Frühstücksei Sonntag Vormittag in der Waschbar mit den warmen Klängen der Lorenz“schen Gitarre salzen. Außerdem spielt er heute Abend im Café Rothenburg. Philipp Kuehl
Philipp Kuehl
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