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Kultur: Vollendete Gesprächskultur

Quatuor Ebène Quartett im Palmensaal

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Debussy und Ravel machen einem die Auswahl leicht, Haydn dagegen schwer. Kompositionen für Streichquartette haben die Franzosen Claude Debussy und Maurice Ravel je nur eine geschrieben, der Österreicher Joseph Haydn allein 83. Während Haydn einige seiner Streichquartette bedeutenden Persönlichkeiten widmete – selbst der Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. gehörte dazu – wollte Maurice Ravel seine einzige Komposition dieser Art dem Papierkorb überantworten. So wenig war er von seiner Arbeit überzeugt. Doch sein Kollege Claude Debussy soll ihn vom Gegenteil überzeugt haben. Zum Glück, wie am Wochenende im Palmensaal im Neuen Garten zu hören war.

Die Musiker des Quatuor Ebène Quartetts aus Frankreich machten jeden einzelnen der vier Sätze des Streichquartetts in F-Dur zu einem Manifest. Die lyrische Eröffnung im Allegro moderato, musikalische Einfachheit, mit nostalgisch-verwehtem Ton, traumwandlerisch und sehnsuchtsvoll-ahnend. Dem folgte das herrliche Pizzicato-Feuerwerk im zweiten Satz, mit dem Quatuor Ebène klar stellten, dass ihr Ravel in den entscheidenden Passagen kraftvoll zuzupacken weiß. Der dritte Satz „Très lent“ dann in fast meditativem Zustand, dem sich wieder zupackend und förmlich vor Anspannung explodierend das Finale „Vif et agité“ anschloss. Als der letzte Ton verklungen war, schien ein erleichtertes Aufatmen durchs Publikum zu gehen, das unmerklich in diesen Ravelschen Spannungssog geraten war. Dann folgte begeisterter Applaus.

Es war ein Siegeszug in drei Quartetten, den die vier Herren von Quatuor Ebène im ausverkauften Palmensaal präsentierten. Haydn, Ravel und Debussy. Der erste gilt zusammen mit dem Italiener Boccherini als Begründer des Streichquartetts, die beiden Franzosen „versuchten“ sich 100 Jahre danach mit ihren Kompositionen erfolgreich in diesem Genre.

Haydns eröffnendes Streichquartett in D-Dur op. 71 war Paradebeispiel für das vielzitierte „Gespräch unter vier Leuten“, als welches diese Musik verstanden wird. Mal fröhlich sich die unterschiedlichsten Themen und Ideen zuwerfend, dann heiter diskutierend oder nachdenklich vor sich hinmurmelnd, die Ausgeglichenheit der Stimmen im Quatuor Ebène Quartett war exzellent. Klar und zupackend, dann warm und schwelgerisch der herrlich akzentuierte Ton. Von Spannung und Verständlichkeit war jeder einzelne Satz geprägt, ob Haydn, Ravel oder Debussy. Und auch wenn Mathieu Herzog auf der Viola gelegentlich kritisch zu seinen Kollegen blickte, wer sich im Publikum darauf einließ, konnte vollendete musikalche Gesprächskultur erleben. Dirk Becker

Dirk Becker

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