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Kein Mittelgebirge. „Castel Gandolfo“ von Carl Gustav Wegener.

© O.M. Wenske

Kultur: Vom Firnis befreit

Das Potsdam Museum bereitet eine große Schau des Potsdamer Malers Carl Gustav Wegener vor

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Für ihn selbst waren sie nur Mittel zum Zweck: Die Ölskizzen des Potsdamer Malers Carl Gustav Wegener. Erst andere haben seine Studien später zu kleinen Gemälden erhoben, sie gerahmt. Für den Landschaftsmaler selbst waren sie nur eine Möglichkeit, das, was er sah, schnell aufs Papier zu bringen – um dann im Atelier Vorlagen für die eigentlichen Gemälde zu haben. „Mit Öl auf Papier zu malen, das ist eigentlich das Unklügste, was man machen kann“, sagt Oliver Max Wenske, Konservator des Potsdam Museums.

Er hat zusammen mit Museumsdirektorin Jutta Götzmann gerade das aufwendige Restaurierungsprojekt abgeschlossen, das die große Sonderausstellung „Carl Blechen und Carl Gustav Wegener im Dialog. Romantik und Realismus in der Landschaftsmalerei“ vorbereiten soll. Die wird vom 9. März bis zum 18. Mai im Potsdam Museum zu sehen sein und ist in Zusammenarbeit mit der Stiftung Fürst-Pückler-Museum und dem Schloss Branitz erarbeitet worden. Dort kümmerte man sich vor allem um die Arbeiten von Carl Blechen – auch in Vorbereitung auf die neue Dauerausstellung zu Blechen, die im kommenden Jahr dort eröffnen wird.

Ob die beiden Künstler einander kannten, ist nicht geklärt – „es könnte aber gut sein“, sagt Jutta Götzmann. Der 1798 in Cottbus geborene Blechen unterrichtete an der Berliner Akademie der Künste, der 1812 in Potsdam geborene Wegener war Schüler dort. „Auch wenn er sich dort wohl nicht allzu oft blicken ließ“, so Jutta Götzmann. Ebenso gut könne es aber sein, dass die beiden sich in Potsdam über den Weg gelaufen sind. Dass die beiden nun gemeinsam ausgestellt werden, ist ein Novum, nicht nur für das Potsdam Museum. „Das ist als Angebot gedacht, sich mit zwei der bedeutendsten brandenburgischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts auseinanderzusetzen“, so Jutta Götzmann über die Idee dahinter. Allerdings sei Wegener ein bisschen in eine Nische gefallen, in Sammlungen und Ausstellungen tauche er seltener auf als sein Cottbuser Zeitgenosse. Das könnte sich mit der Schau im Potsdam Museum wieder ein wenig ändern. Neben fünf Gemälden werden dort 42 seiner Ölstudien zu sehen sein.

Die waren teilweise unter einer gelblichen Schicht Naturharz-Firnis eingeschlossen. „Der gehört da nun gar nicht drauf“, sagt der Restaurator Wenske. Sie wurde nachträglich aufgebracht, um den Skizzen den – damals gewünschten – Gemäldecharakter zu geben. In einigen Fällen hat Wenske den Film nun ganz behutsam abgenommen. Problematischer noch waren die seltsam weißen Schleier, die auf den Skizzen lagen. Wie der entsteht, ist nicht ganz geklärt – „das Öl reagiert mit Papier auf eigenartige Weise“, sagt Wenske. Diesen Schleier – ein Überzug ist es laut Wenske ganz klar nicht – mithilfe von Enzymen abzunehmen, war besonders heikel: Schließlich wird dabei ja nicht nur oberflächlich gereinigt, sondern in das Objekt eingegriffen, wie Wenske es ausdrückt. Auch bei einem der fünf Gemälde war es nötig, den Firnis zu entfernen – und hilfreich. Denn Wenske und seine Mitarbeiter konnten so erkennen, dass es sich bei dem Motiv nicht – wie in der Bildbeschreibung angegeben – um eine Mittelgebirgslandschaft handelt, sondern um das Castel Gandolfo, die Papstresidenz in der Nähe von Rom. Wegener, der ein großer Italienliebhaber war und längere Zeit dort malte, hat es auf seinem Bild aber nicht zentral in den Mittelpunkt gerückt, sondern leicht verschattet auf einen Hügel hinter Bäume gesetzt.

„Auch hier gab es einige Fehlstellen im Bild – die zu schließen ist für einen Restaurator immer besonders schwer“, sagt Wenske. Einfach wieder ein wenig Farbe drübermalen geht natürlich nicht, man muss sich einfühlen in den Maler. Wenske hat dann die fehlerhaften Stellen ganz fein gestrichelt. Damit ist auch klar: Das ist an dieser Stelle nicht das Original, da ist etwas ersetzt – und dieser Ersatz lässt sich auch wieder revidieren. „Die Besucher werden keine intakten Gemälde sehen, uns geht es darum, den Studiencharakter und die Fragilität der Skizzen zu erhalten“, sagt Wenske. Weil Wegener oft eine ganze Vielzahl solcher Studien von einem Motiv malte, konnte Wenske auch Schlüsse auf die Entstehung der Gemälde ziehen. In der Regel gelte: Desto flüchtiger die Skizze, desto eher ist sie wohl in der Natur entstanden. Ebenso flüchtig wurden sie auch teilweise von früheren Restauratoren zusammengeflickt: Risse im Papier waren teilweise rudimentär mit Tesafilm fixiert. Ariane Lemme

Die Ausstellung „Carl Blechen und Carl Gustav Wegener im Dialog. Romantik und Realismus in der Landschaftsmalerei“ eröffnet am 9. März im Potsdam Museum im Alten Rathaus, Am Alten Markt 9

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