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Nicht nur etwas für Kühe. Ursula Häse erzeugt ihre kräftigen Jodeltöne, indem sie sehr schnell von der Brust- in die Kopfstimme wechselt . Sie beherrscht alte Volksgesänge, die sie mit modernen Elektrobeats mischt.

©  Susanne Leupold

Jodelgesang und elektronische Klänge im Potsdamer „sans titre“: Von Alpen und Steppe

Weite Steppen in Afrika, Felsenformationen in Georgien, skandinavische Fjorde oder verschneite Alpen – beim Hören von Ursula Häses Stimme entstehen Landschaften vor dem inneren Auge, die viel Weite versprechen und auch ein bisschen Fernweh auslösen. Die Musikerin und Sängerin hat sich einer ganz besonderen Form des Gesangs verschrieben, dem Jodeln.

Von Sarah Kugler

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Weite Steppen in Afrika, Felsenformationen in Georgien, skandinavische Fjorde oder verschneite Alpen – beim Hören von Ursula Häses Stimme entstehen Landschaften vor dem inneren Auge, die viel Weite versprechen und auch ein bisschen Fernweh auslösen. Die Musikerin und Sängerin hat sich einer ganz besonderen Form des Gesangs verschrieben, dem Jodeln. Dass das mehr sein kann als bayrische Folklore mit Dirndl und Lederhosen, zeigt sie am heutigen Freitag im Potsdamer Kunsthaus „sans titre“. Dort präsentiert sie ihr Soloprogramm „edelvoice“, in dem sie Jodelgesang mit experimenteller neuer Musik verbindet.

Das mag seltsam klingen, sei aber ein durchaus sinnliches Erlebnis, erklärt Häse. „Der Jodelgesang ist etwas Archaisches, etwas sehr Körperliches, und diese Körperlichkeit versuche ich auf die moderne Musik zu übertragen.“ Dazu benutzt sie einen Theremin, ein elektronisches Musikinstrument, das ohne direkte Berührung mit Hilfe eines elektromagnetischen Feldes gespielt wird und in seinem Klang dem einer singenden Säge ähnelt. „In alten Science-Fiction- oder Gruselfilmen wurde damit öfter die Filmmusik produziert, deswegen hat es auch diesen gewissen Gänsehautfaktor“, sagt die im Jahr 1969 in Konstanz geborene Musikerin. Ihr sei es wichtig, dass ihre Musik emotional etwas auslöse, sagt Häse. Beim altertümlichen Gesang geschehe das automatisch, in ihrem Programm wolle sie aber auch die neue Musik dorthin führen. „Ich brauche dieses sinnliche Erlebnis beim Musizieren und das bringt diese Kombination“, erklärt sie. Dabei kombiniere sie das verkopfte Technische mit dem direkten Körperlichen und schaffe daraus etwas Neues, Abenteuerliches, erläutert die Musikerin.

Schon früh kam die Wahberlinerin mit Musik in Kontakt. Die Mutter, eine gebürtige Schweizerin, sang und spielte Volksmusik, sie selbst lernte Klavier, Geige, Saxophon und Querflöte. Mit 17 Jahren nahm sie Gesangsunterricht und entdeckte schnell die experimentelle Musik für sich, die ihr genauso sehr ins Blut überging wie die Volksmusik. „Bis heute fehlt mir das eine, wenn ich nur das andere mache“, erklärt die Musikerin, die unter anderem auch gelernte Zimmerin ist. Deswegen spielt Häse sowohl in einem experimentellen Duo mit dem Potsdamer Klangkünstler und Filmschaffenden Ulrich Miller, als auch in dem Jodeltrio „la vache qui crie“ (zu deutsch: „Die Kuh, die schreit“), mit dem sie regelmäßig auftritt. „Wir präsentieren dabei die ganze Palette des Jodelgesangs, von afrikanischem Buschgesang bis hin zur ländlichen Folklore des Ostens“, erklärt Häse ihre Kunst.

Ihre Stimme versteht sie dabei als ein Instrument, das sie auf vielfltige Weise einsetzen kann und immer weiter trainieren muss. Dafür hat sie nicht nur eine Ausbildung zur Atem-, Sprech und Stimmbildnerin absolviert, sondern bildet sich derzeit auch in der sogenannten Complete Vocal Technique (CVA) weiter. Dabei lernt sie, verschiedene Arten von Stimmen zu trainieren, egal ob die Sänger Heavy Metal oder Klassik performen möchten. Außerdem gibt sie Stimmbildungsseminare an Universitäten.

Im Moment konzentriert sie sich aber ganz auf ihr Soloprogramm, in dem sie alle Geräuschmöglichkeiten der Stimme auskostet. Sprache spielt in ihren Stücken kaum eine Rolle, es sind vielmehr verschiedene Tonalitäten, die sie kombiniert und neu zusammensetzt. „In meinem Inneren finden gerade auch Umbauarbeiten statt, die mir ermöglichen, mich ganz auf das Projekt zu konzentrieren“, sagt die Sängerin. Irgendwann würde sie auch gerne mal ein Album aufnehmen, im Moment stehen aber noch die Bühnenauftritte im Vordergrund, die ihr immer viel Freude machen, da sie die direkte Reaktion der Zuschasuer erleben kann.

Heute Abend im „sans titre“ will Häse dabei auch live vor Ort komponieren – mit Hilfe des Theremin und einer Loopstation. Letzteres ermöglicht es, Geräusche einzeln hintereinander aufzunehmen und übereinander zu legen. „Es wird ein bunter Mix aus vertrauten Melodien und neuen musikalischen Erfahrungen“, sagt die Künstlerin.

Ursula Häse tritt mit ihrem Programm „edelvoice“ heute um 19 Uhr im „sans titre“, Französische Straße 18, auf. Der Eintritt kostet neun Euro, ermäßigt sechs Euro

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