zum Hauptinhalt

Kultur: Von der Noblesse zum wüsten Tanz Festspiel-Soirée zum Tag für Alte Musik

Drei Gründe zum Feiern gab es am vergangenen Freitag: Den kalendarische Einzug des Frühlings, den 329. Geburtstag Johann Sebastian Bachs – und den Europäischen Tag für Alte Musik.

Stand:

Drei Gründe zum Feiern gab es am vergangenen Freitag: Den kalendarische Einzug des Frühlings, den 329. Geburtstag Johann Sebastian Bachs – und den Europäischen Tag für Alte Musik. Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci und ihr Förderverein hatten deshalb zu einer Soirée in das Palais Lichtenau eingeladen.

Seit 2013 findet jeweils am Bach-Geburtstag der Europäische Tag für Alte Musik statt, die Potsdamer Musikfestspiele veranstalteten dieses Mal dazu ein Konzert zum 300. Geburtstags des zweitältesten Bach-Sohns Carl Philipp Emanuel. Die in aller Welt gefeierte Spezialistin für historische Tasteninstrumente Christine Schornsheim spielte in dem von klassizistischer Harmonie geprägten Festsaal Werke von Carl Philipp Emanuel Bach, Domenico Scarlatti und Padre Antonio Soler. Die Preußische Sonate in B-Dur, mit der sie begann, erinnerte daran, dass Carl Philipp Emanuel 30 Jahre Kammercembalist der Hofkapelle Friedrich II. war. Er widmete sie wie auch die anderen fünf Sonaten dem preußischen Monarchen. In ihnen wird der neue galante Stil, das aufkommende Stürmen und Drängen hörbar. Doch das Erbe seines Vaters, Johann Sebastian Bach, warf er nicht gänzlich über den Haufen. Die kontrapunktischen Finessen oder der unerschöpfliche kompositorische Reichtum erinnern daran. Christine Schornsheim setzte – wunderbar zart und zugleich leicht dramatisch – dynamische Steigerungen ein. Ohne vordergründiges Auftrumpfen schuf sie eine höchst intensive Spannung.

Bach, das muss man wissen, beschäftigte sich auch viel mit Theorie und schrieb das Buch „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“, das 1753 erschien und bald darauf als Standardwerk galt. Illustriert hat er es mit zahlreichen Notenbeispielen. Dazu nutzte er anschauliche Beschreibungen, etwa über die Art des Vortrages. Noch heute kann man sich mit ihnen ein Bild von den Gepflogenheiten des Klavierspielens im 18. Jahrhundert machen.

Vor allem wenn es so überzeugend interpretiert wird wie von Christiane Schornsheim. Auch den zwölf miniaturhaften Variationen, die Carl Philipp Emanuel Bach über den spanischen Tanz „La Folia“ schrieb, verlieh sich abwechslungsreiche und reizvolle Pointen. Mit diesem Werk kam das Programm auch dem diesjährigen Musikfestspielthema „Mittelmeer – Zwischen Traum und Wirklichkeit“ näher, in das Festivalchefin Andrea Palent und Dramaturg Jelle Dierikx an diesem Abend einführten. Nach den beiden Sonaten des Italieners Domenico Scarlatti spielte die Cembalistin den berühmten Fandango von Antonio Soler, äußerst abwechslungsreich, zunächst mit zurückhaltender Noblesse, die sich bis zu wüsten Tanzbewegungen und überraschenden Entwicklungen steigerte. Das Publikum war begeistert und spendete lebhaften Beifall. Christine Schornsheim erinnerte mit ihrer Zugabe an den Geburtstag Johann Sebastian Bachs. Das Konzert wurde via Live-Stream übertragen – ganz im Sinne der Initiatoren also, der internationalen Alte-Musik-Organisation REMA. Die würdigt mit zahlreichen Konzerten in ganz Europa jährlich die gemeinsame Basis europäischer Kultur sowie spezielle Aspekte lokaler Musiktraditionen. Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })