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Kultur: Von Emotionen

Das 6. Sinfoniekonzert im Nikolaisaal

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Antonin Dvoraks Cellokonzert in h-Moll – während seines zweiten Amerika-Aufenthaltes im Jahre 1895 entstanden – gehört zu den Schönsten seiner Gattung. Dieses schwungvolle von böhmischer Melodik und sehnsüchtiger Empfindsamkeit erfüllte Meisterwerk bedarf eines Interpreten, der den vielfältigen Ansprüchen gerecht wird. Das 6. Sinfoniekonzert am Wochenende im Nikolaisaal mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt an der Oder unter der Leitung seines Chefdirigenten Howard Griffiths präsentierte einen vorzüglichen Solisten, den 29-jährigen französischen Cellisten Gautier Capuçon, der international mit großen Erfolgen aufwarten kann.

Resolut und entschlossen gab der Solist im ersten Satz das markante Thema bekannt. Aber dann floss Wehmut aus seinem Cello. Nur noch Gefühl war zu hören: zu Herzen gehende Emotionen solo oder im Dialog mit der Flöte und dem übrigen Orchester. Im zweiten Satz hörte man ein zauderndes, zagendes, nachdenklich fragendes Cello über einem feinen Klangbett aus Klarinetten und tiefen Pizzicato-Streichern, geschmeidigen Hörnern. Dirigent Howard Griffiths musste hier nur überwachen, sanft winken, geleiten. Der Rest kam wie von allein. Ebenso im grandiosen Finale, wo sich die Streicher vehement vereinten oder auch zart aufgliederten, und wo strahlende Blechbläserfanfaren zum versöhnlichen Ausklang beitrugen, das Solocello auftrumpfte. Capuçon phrasierte seinen Part auf bezwingende Weise und gestaltete ihn mit höchstem Ausdruck. Der Jubel im ausverkauften Nikolaisaal war danach riesig. Der Cellist bedankte sich mit einer Zugabe, mit Sergej Prokofjews virtuosem Soldatenmarsch.

Spätromantisches hatte nach der Pause weiterhin das Sagen, Musik, die nationale Aspekte nicht außer Acht lässt. Mit Musik aus dem europäischen Norden, aus Norwegen und Finnland. Auch dabei lief das Brandenburgische Staatsorchester zur Topform auf. Aus seiner Musik zu Henrik Ibsens Schauspiel „Peer Gynt“ stellte Edvard Grieg zwei Suiten zusammen. Aus beiden bot Griffiths im Nikolaisaal eine Auswahl der populärsten Titel. Von der anmutig idyllischen Morgenstimmung über die die tief bewegende Sterbeszene der Mutter bis zu den brüllenden Trollen in den Hallen des Bergkönigs führte die Reise des Peer Gynt, der in der weiten Welt sein Glück suchte und in seiner norwegischen Heimat schließlich Ruhe und Liebe findet.

Griffiths und das Brandenburgische Staatsorchester haben den Farbenreichtum der Partitur hörbar gemacht. Alle plakative Wucht und süffisanter Schmelz waren kaum zu vernehmen, vielmehr das Leuchtende der Zwischentöne. Die einzelnen Instrumentengruppen, besonders die Streicher, boten Vorzügliches.

Mit einem kurzen und prägnanten Stück ging das Konzert zu Ende: Der Finlandia von Jean Sibelius. Es ist ein kämpferisches Stück, das den Nationalstolz der Finnen auf eine zündende Klangformel bringt. Griffiths forscher Zugriff rüttelte tatsächlich auf. Er ließ gemeinsam mit seinem Orchester dem Ganzen eine maximale Ausstrahlung angedeihen. Auch hierbei wusste das Publikum die Leistungen der Mitwirkenden zu mit herzlichem Beifall zu würdigen. Klaus Büstrin

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