Kultur: Von Fisch und Fischin
„Stille Botschaften“ in der Galerie Ruhnke
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Wie Wärter stehen sie manchmal da, die Holzskulpturen von Hans-Dieter Schmidt, oder wie eigenwillige Kommentare zu den Arbeiten der mitausstellenden Kolleginnen. Wenn im größten Raum der Galerie Ruhnke seine „Pietà“ neben dem Eitempera-Gemälde von Anna Holldorf mit dem sinnfälligen Namen „mit längst vergessenem geraune“ steht, dann erhält die religiöse Symbolik der Maria-Jesus-Gruppe aus behauener, rissiger und geräucherter Eiche eine leichte Steigerung ins Träumerische, Wandlerische und Ungefähre.
Umgekehrt wird die im Titel anklingende Albernheit von Anna Holldorf zurückgeführt auf die tiefere lyrische Dimension ihrer Arbeit. Aus Eitempera und Wachs auf Papier schafft sie harmonische, hervorstehende Strukturen aus leichten Farben, deren Gegenständlichkeit nicht vordergründig deutlich ist. Wer möchte, kann ein Kleid erkennen oder im „unergründlichen auge“ auch eine komplette menschliche Figur, aber darauf kommt es zunächst nicht an. Die Zwischentöne sind es, die Holldorf mit ihren akribischen Farbversuchen entdeckt. Häufig handelt es sich – auch im übertragenen Sinne – um Naturfarbtöne, die mal heller, mal dunkler, mit der Ernsthaftigkeit gegenseitiger Abgrenzung spielen und die Dimensionen des Abstrakten und Konkreten scheinbar spielerisch miteinander vermischen. Ab und zu wird kontrapunktisch kräftige Farbe dagegen gesetzt, wodurch eine sanfte Spannung entsteht. Es sind Bilder, auf die man sich einlassen sollte und die in ihrer unaufgeregten Selbstverständlichkeit die Ausstellung prägen.
Andreas Rössiger, der wie Hans-Dieter Schmidt zum zweiten Mal in der Galerie Ruhnke ausstellt, präsentiert mit seinen „Tafeln des schwarzen Fisches“ und „Tafel der schwarzen Fischin“ leicht ironische Umsetzungen des Geschlechterdramas, das bei ihm eine scheinbar einfache Interpretation erhält: Sie, die einen für einen Fisch ziemlich dicken Bauch hat, rahmt rechts die Gruppe der Arsenaltafeln und Tambourstäbe des Künstlers ein, und er, am linken Rand, scheint lediglich aus dem Grätegerippe zu bestehen. Beide aber haben gemein, über einem Meer aus Blautönen, das der Ursuppe ähnelt, anmutig zu tänzeln. Rössigers ironische und grafische Kompetenz wird auch in seinen Collagen deutlich.
K.T. Blumenberg, die aus Essen nach Brandenburg gezogen ist, spielt mit Papier. In „Schatten, weiß“ entstehen aus dem im Kreis gerissenen, hervorstehenden Papierdreieckchen geometrisch exakte Schatten und zeigen die Verletzlichkeit und Stärke des scheinbar unscheinbaren Papiers. In „Letzte Briefe“ werden kleine, wächserne Briefumschläge nebeneinander montiert, die leichte Durchsichtigkeit lässt die unterschiedlichen Botschaften aus dem Inneren, woher asiatische Schriftzeichen oder blaue deutsche Handschrift schimmern, erahnen. Eine Arbeit, die sowohl mit einer weitgehend untergegangenen Kulturtechnik als auch mit den persönlichen Hoffnungen, Erzählungen, Ahnungen und eben den Abschieden, die in Kuverts versteckt sein können, spielt.
Zu diesen vier Künstlern der Galerie gesellt sich Margret Holz aus Berlin, die in Schwarzweiß-Fotos die Durchlässigkeit der Reichstagskuppel als seltene Momente des Stillstandes mit ihrer Kamera aufgenommen hat.
Insgesamt eine Ausstellung, die mit ihren „stillen Botschaften“ zum sich Versenken einlädt, einen dabei aber auch nicht allzu fest umklammert.
Lore Bardens
Lore Bardens
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