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Kultur: Von Müttern und Töchtern

Ausstellung mit Bildern und Fotos im Frauenzentrum

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Ausstellung mit Bildern und Fotos im Frauenzentrum In der Literatur kommen Mütter nicht immer besonders gut weg. Man denke an Elfriede Jelineks „Die Klavierspielerin“, die von Michael Hanneke mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle verfilmt wurde: Erika Kohut ist Ende 30, Pianistin, streng, beherrscht und niemals allein. Denn überall lauert ihre Mutter. Eine zähe, alte Frau, die die Tochter fest im Griff hat, die ihr Leistung, Selbstverzicht und vor allem Selbsthass eingeimpft hat. Männer sind im Leben der Musik-Professorin Tabu, Sex kennt sie nur aus verdrängten Gelüsten. Von einfühlsamer Mutterliebe keine Spur. Genauso wenig wie in den Märchen der Gebrüder Grimm. Auch dort ist die Mutter oft die Böse, man denke an die herzlose Geizkrägin, die Gretel im Wald aussetzte, oder die böse Stiefmutter von Aschenputtel. Mit der Realität indes scheinen solche Bilder nicht besonders viel zu tun zu haben – glaubt man der aktuellen Ausstellung im Autonomen Frauenzentrum Potsdam. Im Café und Treffpunkt des Hauses in der Zeppelinstraße sind die Wände mit bunten, gerahmten und ungerahmten Bildern gepflastert, die Töchter ihren Müttern zu Geburtstagen, Weihnachten oder Ostern schenkten. Besucherinnen und Mitarbeiterinnen des Frauenzentrums haben sie mitgebracht. Es sind von Kinderhänden mit Buntstiften oder Wasserfarben gefertigte Werke mit Tannenbäumen und Ostereiern darauf. Oder liebevoll gemalte Porträts. Auf Notizen stehen nette Grüße an abwesende Mütter, auf Fotografien aus dem Urlaub wird sich umarmt und gelächelt. Harmonie pur – die Schau zeigt die schönen Momente zwischen Müttern und ihren Töchtern. Und genau darum geht es in der Ausstellung, sagt Anna Brömsel vom Frauenzentrum. Die Bilder und Texte sind mit Herz gemacht. Die Mütter ziehen sie alle Jahre wieder einmal aus der Schublade, nostalgisch fast, gerührt von der Mühe, die die Kinder in ihre Arbeit gesteckt haben. Die Schau findet große Resonanz, erzählt Brömsel. Es biete sich an, zu dem Thema Lesungen und Gespräche zu veranstalten. Seit die Bilder hängen, kommen ihr immer wieder neue Ideen, was sich aus dem Thema alles entspinnen lässt. Mutter-Sohn-Beziehung, Großmutter-Enkelin-Beziehung, berühmte Frauen aus einer Familie, sie denkt an die Hagens. Zu den besonders interessanten Bildern der Schau gehört die Porträtreihe von Jana. Zu jedem Geburtstag hat die Tochter der Mutter ein Bild von sich gemalt. Ihr erstes Werk entstand mit sechs. Das Mädchen mit den blonden Locken verewigte sich auf einem Wunschbild mit dunklem, glatten Haar. Mit elf Jahren malte sich Jana naturalistisch, mit 16 in Öl, mit 24 schuf sie eine Porträt-Collage. Mittlerweile setzt die Enkeltochter die Tradition der Mutter fort. Schön auch die Mutter-Tochter-Fotografien. Lange kann man in den Gesichtern der Porträtierten lesen, wie fühlt sich die umarmte Tochter, was denkt wohl die ernste Mutter mit dem Kind auf dem Arm – nichts Gutes würde die Psychoanalytikerin Nancy Chodorow denken, die in ihrer wissenschaftlichen Arbeit den Mythos der grenzenlosen Mutterliebe als Geflecht von Wut und Hass entlarvt hat. Die Mutter als Ödipus? Die lächelnden Gesichter auf den Fotos sprechen dagegen. Marion Hartig

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