Kultur: Von Potsdam aus in die Welt
Fahrländer Musik- und Literaturgesellschaft stellte in Kartzow zwei in Potsdam geborene Komponisten vor
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Das kleine Kartzow, befand der emeritierte Pfarrer Herwig Schworm am Wochenende in der 1879 neu erbauten Dorfkirche, sei „ein ganz wichtiger Ort“. In der Tat, mit Hilfe des Kulturbundes hat die rührige Fahrländer „Musik- und Literaturgesellschaft“ hier schon manchen Schatz gehoben und bei den besinnlichen „Stunden der Einkehr“ öffentlich gemacht.
Die beständige Zuhörerschaft, welche das Fortleben dieser sommerlichen Bildungsreihe durch ihr Kommen und Spenden überhaupt erst ermöglicht, weiß das seit Jahren zu schätzen. Nur mit den öffentlichen Reflexen auf die vor allem Wolfgang Wirth geschuldete Schatzgräberei ist man nicht zufrieden. Egal, ob dieser umtriebige Forscher Hymnen auf deutsche Städte ausgrub, die Brandenburgisch-Nordischen Kulturbeziehungen durchleuchtete oder mit Paul Lange-Bei gar den zu Kartzow geborenen Vermittler preußisch-türkischer Musikgeschichte wieder entdeckte, nie kamen solche Veröffentlichungen über den Status eines Aha-Effektes hinaus. Mit Louis Wilhelm Maurer und Carl Anton Eckert hat nun Potsdam wiederum Gelegenheit, zwei seiner unbekannten Söhne anzunehmen, zumal sie „als musikalische Brückenbauer europäischer Kultur wichtige Akzente gesetzt haben“, wie es in der hübschen Einladung hieß.
Die erhöhten Mühen des Berliner Psychologen und Aloe-Forschers Wolfgang Wirth wurden auch diesmal belohnt: Mit Hilfe der Staatsbibliothek fand er eine verschollene Partitur, welche Carl Eckert (1820-1879) nach Art der damals von Giacomo Meyerbeer kultivierten „Fackeltänze“ als Apotheose auf seinen Freund Richard Wagner komponierte. Sie steht zur Wiederaufführung für Bläser frei. Überhaupt galt Eckert, am heutigen Platz der Einheit 18 in Potsdam geboren, als „frühes Talent“.
Mit zehn Jahren schrieb er das Singspiel vom „Fischermädchen“, mit siebzehn die Oper „Käthchen von Nürnberg“, weitere folgten. Nach internationalen Dirigaten wurde er im Jahre 1869 Erster Hofkapellmeister an der Berliner Staatsoper. Nicht nur wegen seines Engagements für die „Meistersingervon Nürnberg“ und „Tristan “ gilt er als unermüdlicher Wegbereiter Richard Wagners.
Die Friedrich-Ebert-Straße 111 hätte eine Gedenktafel für den Komponisten Louis Wilhelm Maurer (1789-1878) verdient. Er war ein vielbeachteter Violin-Virtuose, bereits mit Dreizehn Mitglied der Königlichen Hofkapelle, schrieb später Opern wie „Aloise“ und „Die Runenschlacht“. Nach dem Zusammenbruch Preußens 1806 ging er gen St. Petersburg, wo er „geradezu Generationen russischer Musiker ausgebildet und Komponisten geprägt“ hat.
Sein Quadrupelkonzert für vier Violinen und Orchester war damals ein Renner. Wie Eckert aber Wagners berühmte Nichte Johanna am Flügel begleitete, so vertonte Maurer Lieder der Berliner Dichterin Helmina von Chezy, die Enkelin von Anna Louise Karsch. Ihr „Abschied“, gesungen von Gabriele Näther (Alexander Filatow am Klavier), erklang als eines von vielen, schönen Musikbeispielen am „ganz wichtigen Ort“.
Für die Darbietung instrumentaler Werke der Russen Alabiew und Glinka konnte man das Berliner Divertissement gewinnen. Nach so mühsamer wie erfolgreicher Forschungsarbeit wäre es an der Zeit, die Namen und Werke der in Potsdam Geborenen auch dem heimischen Publikum bekanntzumachen.
Nach dem Sommerfest am 26. August gibt es am 9. September in der Dorfkirche Kartzow „züchtige Heine-Lieder“, jeweils 17 Uhr
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