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Kultur: Von Werten getrieben

Erstaunlich wie viele deutsche Einrichtungen und Organisationen sich für etwas stark machen, was eigentlich längst vorbei ist. Das 12.

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Erstaunlich wie viele deutsche Einrichtungen und Organisationen sich für etwas stark machen, was eigentlich längst vorbei ist. Das 12. Zanzibar Film Festival (ZIFF), das Anfang des Sommers auf der bekannten ostafrikanischen Insel stattfand. Aber nun gab es im Potsdamer Filmmuseum eine viertägige „Nachlese“, wo man die besten Filme 09 noch einmal sehen konnte. Und das braucht natürlich Sponsoren und Know How. Mit der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule, der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft, der Landeszentrale für politische Bildung, Heinrich Bölls Stiftung und anderen waren die gefunden. Die regierungsnahe Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) hat dann sogar im Namen des allafrikanischen Filmvaters Ousmane Sembene einen extra Preis über 5000 Dollar ausgelobt, einzulösen in einem Film ihrer thematischen Empfehlung, „HIV-AIDS“.

Gewonnen hat ihn Miki Redelinghuys mit dem südafrikanischen Dokumentarstreifen „Kaiskamma - A Love Story“ aus dem Jahr 2007. Aber die Sache mit dem „afrikanischen Film“, seiner Situation, seinen Bedingungen und Abhängigkeiten, ist viel komplizierter als das Büros deutscher Stiftungen sich erträumen, die dort unbedingt europäische Werte vermitteln möchten, wie am Samstagabend im Filmmuseum immer wieder zu hören war. Eine bemerkenswerte Podiumsdiskussion brachte interessante Aufschlüsse über altruistische Hilfe und solche, die mehr oder weniger stillschweigend an Bedingungen geknüpft ist.

Folklore im Foyer, viel „goodwill“. Neben den werteorientierten Vertretern von GTZ und der Böll-Stiftung konnten die Veranstalter dank der Landeszentrale für politische Bildung mit Musola Catherine Kaseketi aus Sambia und dem Sansibari Hassan Mitawi, Gründungsmitglied von ZIFF, zwei Vertreter der afrikanischen Filmkultur von Heute und Morgen gewinnen. Dorothee Wenner, in Film- und Berlinale-Kreisen ein Begriff, moderierte mit viel Gefühl und Herz für die Filmsachen Afrikas. Aber allein, schon der Titel „Development Films“ sorgte für Verwirrung. Keiner wusste genau, was da gemeint sei und wie man das mit „guter Film“ zusammenkriegen könne. Irgendwie einigte man sich auf Filme, die entweder mit dem „Entwicklungsgedanken“ zu tun hätten oder zum Aufbau einer filmischen Infrastruktur dienen könnten, denn ganz Afrika hat weniger Kinos als Großberlin.

In der Diskussion war zu erfahren, dass man in Afrika unter Film etwas anderes versteht als hierzulande: Der Wortanteil ist größer, die Rezeption viel direkter, die Leute wollen sich und ihre Umgebung mehr wiedererkennen, als Hollywood es dem „Ablageplatz Afrika“ (dumping place) bisher erlaubt. „Nollywood“ in Nigeria ist eine vom afrikanischen Kinogänger angenommene Alternative, andererseits hat sich das ZIFF etablieren können. So haben Länder wie Nigeria, Kenia oder Tansania übernehmen dessen Kriterien in ihre Medienpolitik. Probleme gibt es trotzdem genug: Mit dem Copyright.

Viele afrikanische Filmer gehören nach Kaseketi „zu den Ärmsten im Land“, ihre Filme spielten nicht mal die Kosten ein. Da hilft nur Finanzierung, wie Hassan Mitawi sagte. Catherine Kaseketis autobiografischer Film „Suwi“ könnte wegweisend für eine neue Herangehensweise sein. „Suwi“ wurde mit finnischer Technik, aber ohne Fremdkapital gedreht – und ohne Bedingungen! Es folgten rege Publikumsreaktionen. So wurde Thomas Wassermeyer vom GTZ gefragt, ob seine Auflagen zum Preisgeld nicht Bevormundung, ja „Freiheitsberaubung“ seien? Selbstverständlich, sagte er, aber das sei kein Problem. Ob nun „Development Films“ oder nur guter Film – Afrika will und braucht das Kino. Vielleicht ist das Potsdamer Pionierprojekt „Nachlese“ ein Anfang, etwas besser zu machen. Schwarze und weiße Filmleute wollen ja einander helfen, das auch ohne Wertexporte. Gerold Paul

Gerold Paul

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