Von Gerold Paul: Wächsern, gläsern, elliptisch
Gelungenes Zusammenspiel: Malerei, Glas und Schmuck in der Galerie Töplitz
Stand:
Mit den Kunst-Präsentationen in Töplitz ist es irgendwie ganz eigen. Jedes Mal fährt man besonders angerührt zurück. Vielleicht liegt das an der Sorgfalt, mit welcher der Verein Havel-Land-Art seine Kurzzeit-Ausstellungen vorbereitet, vielleicht ist es Liebe pur. Wie auch immer, seit Sonnabend ist wieder viel zu sehen in der Galerie jwd. und wieder in einer ungewöhnlichen Konstellation.
Für die Abteilung „Design“ konnte der international bekannte „Goldschmied“ Horst Max Lebert aus Berlin gewonnen werden. Er zeigt Ausschnitte aus verschiedenen Kollektionen, Serviettenringe ungewöhnlicher Form und Prägung, Halsketten mit besonders dicken Steinen, Ringe, wie man sie so noch niemals sah. Sein Ruf reicht bis ins texanische Nasher Sculpture Center Dallas, vielleicht, weil er seine ideale Form in der besonders schmalen Ellipse gefunden hat. Man kann schauen, man kann viel von ihm erfahren, so man fragt.
Seltsame Wege scheint die in Berlin lebende Gummersbacherin Heike Jeschonnek zu gehen. Eigentlich Malerin, zeigt sie in Töplitz Bilder, die eher an großformatige Grafiken erinnern. Ganz dem Thema „Identität und Großstadt“ verschrieben, hantiert sie mit Begriffen wie Erinnerung, Aneignung eines Ortes oder Perspektivwechsel. Sie fragt nicht, ob die eigene Geschichte gewohnte Wahrnehmungsmuster eines vertrauten Ortes verändert, sondern wie. Formal arbeitet sie dabei mit einem Negativverfahren: nach Auftrag mehrerer Wachsschichten „kratzt“ oder furcht sie dieselben wieder, als würde das Gedächtnis nach Lücken forschen. So entstehen immer neue Strukturen im Bild. Weiße oder blasstürkise Grundtöne, eine großzügige Raumaufteilung: mit dem Betrachter als Held ihrer Veduten. Die Erinnerung ist aber nie zu Ende – man wird sich auf „Kopfarbeit“ einstellen müssen, will man diese Binnenlandschaften ergründen, was wohl nur sukzessive geht. Alles bleibt letztlich Fragment.
„Gräbt“ sich Heike Jeschonnek (Jahrgang 1964) gleichsam von außen nach innen, so geht Almut Flentje den umgekehrten Weg. Allein ihre Motivwahl spricht Bände: Schiffe immer wieder, in schönes Glas versenkte Intarsienstrukturen nach dem Vorbild des Bernstein, kunstvoll geflochtener Draht, hier geht es wahrlich „archetypisch“ zu. „Glas & Keramik Art“ ist ihre ganz persönliche Antwort auf die vielfältigen Reise-Impressionen, weltweit und lange erfahren: Von den USA bis Argentinien, von Indien bis Australien, Afrika, dazwischen Studium der Psychologie und Medizin. Jetzt arbeitet sie alles von innen her auf. Glas bedeutet für sie Transparenz, Beweglichkeit, Spiegelung, Licht, Schatten, Farbe, Struktur. Grün als „Ort der Kraft“. Sie verbindet Fließglas mit Metall, Raku-Keramik mit zartem Drahtgeflecht. Auf formschönen Stelen aus Eisen bringt sie Objekte zum Leuchten. Farbenspiele, Licht-Erinnerungen ohne Titel. Es sind sehr schöne Arbeiten dabei, „Coming home“ etwa, vier Figuren an einer „Leine“, wobei sie die seltene „pâte de verre“-Technik einsetzt, wie andernorts auch. Eine viereckige Glasschale mit aufgewölbten Spitzen hat zwei Brände erlebt, eine Woche lang Ofenhitze! Sie experimentiert gern mit Geduld und Neugier, aber gerade deshalb darf man sich nicht in die Vielfalt der Techniken verlieben. Ihre zwanzigjährige Reise nach innen hat „Inhalte“ gezeugt: „Die Werke hier sind meine Kinder!“ Drei gut zueinander passende Handschriften, eine wunderbare Ausstellung, wieder einmal.
Bis zum 12. Oktober, Mo.-Fr. 16 - 18 Uhr, Sa. und So. 14 - 18 Uhr.
Gerold Paul
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