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Kultur: Wahnsinnige Bilder von Leben und Tod

Mathias Noack spielt Kleists „Penthesilea“ als Solo

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Mathias Noack spielt Kleists „Penthesilea“ als Solo Von Klaus Büstrin Am Anfang war das Wort. Das Wort des Hamlet,das sich für den Schauspieler Mathias Noack noch nicht verwirklichen sollte. Und so stand für ihn am Anfang des umfangreichen Penthesilea-Projekts auch ein eiserner Willen. In Tübingen probte er die große Shakespeare-Rolle. Doch nach vierzehn Tagen gab Mathias Noack auf. Der Regisseur machte ihm ständig den Vorwurf, er habe den Text nicht gelernt. Der Schauspieler fühlte sich gescheitert. Und so wollte er den Beweis antreten, dass er in der Lage ist, einen großen Text zu bewältigen. Heinrich von Kleists „Penthesilea“ wählte er dafür aus. 3040 Verse lagen nun gedruckt vor ihm. Er machte sich an das Stück und bearbeitete es, denn schließlich wollte er es allein auf die Bühne bringen. Und so bleiben nach seinem „Eingriff“ „nur“ 1700 Verse übrig. Mathias Noack wird seine Penthesilea-Sicht am Sonnabend um 19.30 Uhr im eindrucksvollen Bühnenbild zur Inszenierung der „Hermannsschlacht“, das von Kaspar Glarner stammt, zeigen. Das Hans Otto Theater hat für den 20. und 21. November ein Kleist-Wochenende auf dem Programm. Mit den beiden Dramen „Penthesilea“ und „Die Hermannsschlacht“ erinnert die Potsdamer Bühne an den Todestag Heinrich von Kleists, der am 21. November 1811 seinem Leben am Kleinen Wannsee selbst ein Ende bereitete. Im letzten Brief an seine Stiefschwester Ulrike kann man lesen: „Du hast an mir getan, ich sage nicht, was in Kräften einer Schwester, sondern in Kräften eines Menschen stand, um mich zu retten: die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.“ Mit dieser Tat wurde Kleist schlaglichtartig berühmt, was ihm zu seinen Lebzeiten mit all seinen Plänen und Unternehmungen nicht gelang. Carl Friedrich Rellstab, der Goethe-Freund, schrieb dann auch: „Das, was der Verstorbene immer gern wollte und weder durch seine Schauspiele und Gedichte noch durch sein Abendblatt erreichen konnte: Aufsehen hat er nunmehr eine kurze Zeit wenigstens bezweckt.“ Aufsehen erreichen Kleists Stücke heute besonders bei Regisseuren und Schauspielern. Auch Mathias Noacks Faszination hält sich nicht in Grenzen. „Die Sprache des Dichters ist grandios, auch schrecklich-schön“, schwärmt der Schauspieler. „Die Figuren in seinen meisten Stücken sind von Ausweglosigkeit ihres Daseins bestimmt. Sie schlägt in Vernichtung, oft in Selbstvernichtung um“, so der Schauspieler. Auch in „Penthesilea“ sind die Hauptfiguren dazu bestimmt. Penthesilea, eine Kriegerin des Amazonenstaates, verstößt gegen die Gesetze. Sie will nicht irgendeinen Mann im Kampf besiegen, sondern Achill, den Held und König der Griechen. Achill ergeht es nicht anders. Ein Blick genügt, und auch er fühlt sich von der kämpferischen Amazone angezogen. Im Verlauf der Handlung geht es um Leben und Tod, denn beide sind an das Gesetz ihres Volkes gebunden und es ist zugleich das Gesetz ihres Geschlechts. Unvereinbar sind ihre Gegensätze, so dass nur der gewaltsame Tod das Ende sein kann. „Kleist hat uns auch mit diesem Stück, das 1807/08 entstand, wahnsinnige Bilder geschenkt. Ich habe den Text relativ schnell gelernt, weil er einfach großartig ist. Andere, beispielsweise, die man für Fernsehserien bekommt, kriegt man viel schwerer in den Hals.“ Mathias Noack, der aus Eisenhüttenstadt stammt, als junger Mann erstmals vor der Kamera stand (in Bernhard Stephans DEFA-Film („Mit Leib und Seele“), an der Leipziger Schauspielschule studierte, hier und da auf der Bühne stand, bei Andreas Dresen seine bisher wichtigste Filmarbeit („Stilles Land“) absolvierte, kommt mit Kleists Dramen immer wieder in Berührung. Im Theater am Halleschen Ufer spielte er den Prinzen von Homburg, mit Studenten der Schauspielschule Leipzig erarbeitet er derzeit innerhalb eines Lehrauftrags Szenen aus „Die Familie Schroffenstein“. Und im vergangenen Jahr brachte er erstmals in Frankfurt an der Oder, der Geburtstadt Kleists, „Penthesilea“ heraus. Acht Rollen verkörpert Noack in seinem Solo und in seiner eigenen Regie. Eine gewaltige Aufgabe. „Aber ich stelle mir immer wieder dabei vor, ich sitze wie ein Kind in einem Sandkasten und baue mir darin meine eigene Welt, in der ich alle Figuren selbst spiele und spreche.“ Mathias Noack möchte den Kleist keinesfalls banal ins Heutige transportieren, das gesunde Pathos verbannen. „Ich glaube, man wird dem Dichter nur mit einer Mischung aus Leidenschaft und Distanz gerecht.“ Theaterhaus am Alten Markt, 20. 11., 19.30 Uhr, Penthesilea, 21. 11. , 15 Uhr, Die Hermannsschlacht

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