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Ein Thriller aus Potsdam: „Warum das Zeug nicht selbst kochen?“

Für Chris Morgenstern, Privatdetektiv aus Raimon Webers neuem Roman, ist Potsdam ein heißes Pflaster: Er stolpert über Sexpartys in Babelsberg und ein Drogenlabor, in dem Crystal Meth gekocht wird.

Stand:

In ihrem Hörbuch „Morgenstern“ ist Potsdam ein ganz schön wildes Pflaster: illegale Sexpartys, Drogenküchen in leer stehenden Villen und dann auch noch eine dubiose Loge – ist es wirklich so schlimm hier?

Das weiß ich nicht, es ist aber durchaus möglich. Eigentlich hatte ich für den Plot zunächst an Berlin gedacht, fand dann aber, dass man die Stadt schon zur Genüge kennt, auch aus Büchern. Dort erwartet man solche Zustände – in Potsdam nicht!

Raimon Weber

, 1961 in Unna geboren, ist Schriftsteller und Hörspielautor und lebt in Kamen. Einen Link zum kostenlosen ebook-Download finden Sie hier

Trotzdem: Wie sind Sie für Ihren Krimi um den Privatdetektiv Chris Morgenstern gerade auf Potsdam gekommen – Sie hätten ja auch eine Kleinstadt in Ihrer westfälischen Heimat wählen können?

Das stimmt, aber die Geschichte sollte schon im Raum Berlin spielen. Ich liebe es aber, meine Plots in kleinen Städten anzusiedeln.

Eignen sich die besonders gut für Thriller und Kriminalgeschichten?

Ja, auf jeden Fall - wenn der Schrecken in die Idylle einbricht, ist alles noch schlimmer. Deshalb mag ich auch weite, dünn besiedelte Landschaften wie Brandenburg – vielleicht weil die Menschen hier sehr kompatibel mit den Westfalen sind. Bloß reden wir noch weniger.

Das Grauen scheint in Ihrem Krimi an jeder Ecke zu lauern - gleich in der ersten Folge stolpert Morgenstern über ein Crystal-Meth-Labor in einem leer stehenden Haus...

Ja, das ist ja momentan die Droge, die aus dem Osten nach Deutschland herüberschwappt. Und die Herstellung ist sehr einfach, also dachte ich: Warum sollte jemand die Grenzkontrollen riskieren, anstatt das Zeug selber zu kochen? Potsdam ist ja auch ein Rückzugsort für viele, die nicht in der großen Stadt leben wollen, da schien das ganz gut zu passen.

Wo haben Sie denn überall recherchiert?

Ich war natürlich an allen Ecken Potsdams, nicht nur in Babelsberg, wo mein Agent wohnt und wo ich mir auch ein Haus in der Wollestraße ausgesucht habe, in dem Morgenstern wohnt. Der Schlaatz zum Beispiel wird auch in den kommenden Folgen noch eine Rolle spielen. Im Vergleich mit dem Dortmunder Norden ist der allerdings ein Märchenpark. Toll fand ich auch das ganze Kopfsteinpflaster, das es bei uns im Ruhrpott gar nicht mehr gibt - im Kopf sah ich immer wild schlitternde Autoreifen darüberpreschen.

Viele Ecken - etwa Morgensterns Lieblingsbäckerei in der Karl-Liebknecht-Straße – werden die Potsdamer Hörer und Leser wiedererkennen. Seine Stammkneipe, das Schulz, gibt es aber nicht wirklich?

Nein, das geht natürlich nicht, ein echter Kneipenbesitzer wäre womöglich nicht einverstanden mit dem, was ich ihm so zuschreibe. Aber das „Schulz“ könnte gut eine echte Potsdamer Kneipe sein.

Chris Morgenstern war früher Polizist, jetzt ist er Privatdetektiv - das klingt nach einem ziemlich antiquierten Beruf.

Mag sein, aber wenn man das mal googelt, gibt es die immer noch - auch in Potsdam. Ich fand das reizvoll, weil Detektive auf den ersten Blick nicht die Möglichkeiten der Polizei haben - andererseits bei ihren Recherchen auch nicht so eingeschränkt sind.

Was ist Morgenstern für ein Typ?

Mir war wichtig, dass er nicht der typische Detektiv ist, wie man ihn aus der Literatur kennt, also einer, der ständig ein Whiskyglas in der Hand hat und dem alle Frauen zu Füßen liegen. Morgenstern ist Frauen gegenüber eher schüchtern, er hat ein paar Macken, ist aber sehr liebenswürdig. Aber er kann es gar nicht ab, wenn Kindern wehgetan wird. Eine nette Nebenfigur ist sein Kumpel Knut, der als Statist in den Babelsberger Filmstudios arbeitet – oft neben Veronika Ferres.  

War es Ihnen wichtig, dass Morgenstern kein Zugezogener, sondern einer mit Ost-Vergangenheit ist?

Ja, ich habe ein besonderes Faible für den Osten, ich fühle mich da wohl.

Ein Relikt aus der DDR ist das Hotel Mercure, in dem die geheimnisvolle Julie absteigt - war das eine Anspielung auf den Streit um den Abriss?

Naja, das ist schon ein hoher Klotz, aber wenn man möglichst anonym absteigen will, dann dort.

Das Gespräch führte Ariane Lemme

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