Kultur: Wechselbad
Das Cécile Verny Quartet im Nikolaisaal
Stand:
Ausgerechnet Freiburg. Dorthin, an den Westrand des Schwarzwaldes, hat es Cécile Verny verschlagen. Geboren an der Elfenbeinküste, ist sie im Alter von 12 Jahren mit der Familie nach Frankreich gezogen. Und nun Freiburg. Prächtiger historischer Stadtkern, prächtige Stadtmauer und das Flüsschen Dreisam mittendurch – urdeutsche Gemütlichkeit. Und mittendrin die Sängerin Cécile Verny. Die Liebe hat sie dorthin geführt, was auch sonst. Schließlich ist die Liebe noch immer der beste Grund, auf dem Musik prächtig gedeiht. Das ist so in New York, Timbuktu und auch im beschaulichen Freiburg, wie Cécile Verny am Freitagabend im Nikolaisaal bewies.
So entsprach es einer gewissen Logik, dass mit „I wish you love“ das Konzert im fast ausverkauften Foyer in der Reihe „The Voice in concert“ eröffnet wurde. Natalie Cole hat dieses Lied gesungen, Frank Sinatra ebenfalls. „I wish you bluebirds in the spring / to give your heart a song to sing. / And then a kiss, but more than this / I wish you love.“ Schöner geht es kaum. Cécile Verny ließ jedoch zuerst das Original des französischen Komponisten Charles Trenet zu Wort kommen, bevor sie in die Muttersprache des Jazz wechselte.
Als sie sich vor Jahren dem Jazz zuwandte, hat sie das „Great American Songbook“ durchgearbeitet, die Bibel eines jeden Jazzers. Und sie hat schnell gemerkt, dass viele dieser als „amerikanisch“ deklarierten Standards von Europäern geschrieben wurden. Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Cécile Verny Quartet das Album „European Songbook“, das mittlerweile fünfte dieser kleinen, aber feinen Band. „Mac the knife“, „My man“ und „You must believe in spring“ haben die vier Musiker wieder zurück über den großen Teich geholt. Und auch „Nuages“, komponiert vom Gitarristen Django Reinhardt, wegen dessen fehlender Notenkenntnis niedergeschrieben von Stéphane Grappelli.
„Nuages“ gab das Cécile Verny Quartet als ganz gelassenen Blues. Ein zartes Gewächs, das die Sängerin mit ihrer weichen, warmen, so leicht wandelbaren Stimme umschmeichelte. „Hometown Blues“, eine Komposition des Pianisten Andreas Erchinger, ein weiterer Höhepunkt in den Tiefen des Moll. Doch allzu traurig liegt dieser lebenslustigen Frau nur gelegentlich. Mit „Drums call for the dance“ und „Kekeli“ dann Ausgelassenheit an allen Instrumenten. Bernd Heitzler am Kontrabass ein reinster Mystiker, Schlagzeuger Torsten Krill als regelrechter Einpeitscher und Pianist Erchinger, der das alles in melodiöser oder improvisationsverliebter Form hielt. Ein Gegeneinander, dann wieder Miteinander, in das sich Cécile Verny einpasste oder ausbrach, mal dezent scattend, dann fauchend, schreiend, singend. Ein Wechselbad in Musik. Mal knisternd vor Spannung, dann tieftraurig oder frisch verliebt, auch mal regelrecht schweißtreibend. Aber immer mit einem großen Herz voller Liebe. Was in Freiburg so alles entstehen kann. Dirk Becker
Dirk Becker
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