Kultur: Weder zu romantisch noch abstrakt
Der renommierte Pianist Bruno Canino musiziert morgen mit der Kammerakademie
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Der renommierte Pianist Bruno Canino musiziert morgen mit der Kammerakademie Ein hochinteressantes Programm erwartet die Zuhörer beim Sinfoniekonzert morgen, 19.30 Uhr, der Kammerakademie Potsdam im Nikolaisaal. Zwei klangvoll-tiefgründige Kompositionen in c-moll von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart kontrastieren mit Arnold Schönbergs aufrüttelnder „Ode an Napoleon“ für Sprecher, Klavier und Streichorchester. Für den Solisten Bruno Canino gibt es an diesem Abend gleich mehrere Debüts: Erstmals tritt der renommierte Pianist im Nikolaisaal auf und erstmals spielt er das c-moll-Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, das er zudem mit einer eigenen Kadenz bereichern wird. Nachdem Bruno Canino das Schloss Sanssouci besuchte und vor einer Probe, fand der freundliche Musiker noch Zeit, mit den PNN zu sprechen. Herr Canino, was bedeutet das c-moll-Konzert für Sie? Ich habe viele Konzerte und Sonaten von Mozart gespielt, aber vor den Werken in moll hatte ich immer eine leichte Scheu – dabei ist Mozart vielleicht mein Lieblingskomponist. Als ich sehr jung war, habe ich das Konzert einmal dirigiert und die Pianistin war das Mädchen, das später meine Frau wurde. Wie soll das Konzert klingen ? Weder zu romantisch , noch zu abstrakt, ich hoffe, dass ich eine anständige Lösung finde. Es gibt keine Original-Kadenz von Mozart. Ich ziehe es vor, etwas zu riskieren, und werde meine eigene Kadenz spielen – bei allem Respekt vor Mozart. Welche persönlichen Erinnerungen haben Sie an das c-moll-Klavier-Konzert ? Zuletzt hörte ich es in Wien, als Claudio Abbado dirigierte und Rudolf Serkin spielte. Das war sehr bewegend. Wie stehen Sie zu der Musik von Arnold Schönberg ? Ich habe sehr oft Schönbergs Klavierwerke gespielt, zuletzt das Klavierkonzert in Meiningen, und bin mit seiner Musik sehr vertraut. Was ist das Besondere an der Ode an Napoleon von Arnold Schönberg ? Dieses Werk habe ich oft in der Kammermusik-Version gespielt, aber noch nicht mit einem Orchester. Das wird auch eine neue Erfahrung. Es ist ein sehr starkes, effektvolles Stück, vielleicht das beste Werk des späten Schönberg. Es gelang ihm, den - ziemlich rhetorischen - Text von Lord Byron sehr musikalisch umzusetzen. Wie sind Ihre Beziehungen zur klassisch-romantischen und zur modernen Musik ? Als ich jung war, habe ich sehr viel Avantgarde-Musik gespielt, zum Beispiel von Luciano Berio, mit dem ich am Konservatorium in Mailand studiert habe. Nach dem Krieg waren wir sehr enthusiastisch über die moderne Musik, die wir erstmals hören konnten – Stücke von Schönberg, Webern, Bartok, Strawinsky. Für mich war die Musik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr aufregend. Aber jetzt, wo ich älter werde, spiele ich auch gern klassische Klaviermusik. Welche Bedeutung hat Mailand für Musik ? Mailand war in den fünfziger und sechziger Jahren eine musikalische Hochburg. An der Scala dirigierten Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Leonard Bernstein, Dimitri Mitropoulos und andere berühmte Musiker. In meiner Klasse studierten Claudio Abbado, Luciano Berio, Riccardo Muti. Nach meinem Studium am Mailänder Konservatorium habe ich dort 24 Jahre lang Klavier gelehrt. Wie haben Sie zur Musik gefunden ? Mein Vater war ein großer Opernliebhaber und hat Opernauszüge auf dem Klavier gespielt. Als Kind sah ich einmal die Oper „Butterfly“ von Puccini und das hat mich vollends begeistert. Nachdem ich zu Hause autodidaktisch gelernt hatte, kam ich mit neun Jahren auf das Konservatorium, zuerst in meiner Geburtsstadt Neapel, ab 1950 in Mailand, wo ich seitdem lebe. Sie sind Solist und Kammermusiker. Vor allem bin ich Kammermusiker, seit 20 Jahren mit dem Trio di Milano, mit Viktoria Mullova, Itzhak Perlman, Aurèle Nicolet und vielen anderen. Sogar ein Buch über die Kammermusik haben Sie geschrieben. Das Buch ist eine Mischung aus pädagogisch-praktischen Hinweisen für Musiker und satirischer Beschreibungen aus dem Leben eines Musikers. Essen, Reisen, Proben - aus einer persönlichen Perspektive. Es ist alphabetisch aufgebaut und beginnt mit a wie „abito“ = Anzug und endet mit „volta pagine“ = Umblättern der Noten. Leider ist es bisher nur auf Italienisch erschienen. Welche Talente muss ein Kammermusiker haben? Ich glaube nicht, dass es stimmt , dass man Kammermusik machen sollte, wenn man kein guter Pianist ist. Natürlich hat Kammermusik weniger Risiko, weil man nicht allein ist. Aber bei Kammermusik muss man sehr gut zuhören, es ist viel sozialer und intimer. Heute machen immer mehr Pianisten Kammermusik. Neben Klavier haben Sie auch Komposition studiert ? Das ist eine sehr private Angelegenheit. Ich glaube nicht, dass die Welt meine Kompositionen braucht, aber ich brauche das Komponieren. Das Gespräch führte Babette Kaiserkern
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