Kultur: Wehmut und Fröhlichkeit – alles wegen der Liebe
I Madrigalisten aus Perugia, Partnerstadt Potsdams, gaben ein Konzert im Friedenssaal
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Emotionale Extremsituationen standen im Mittelpunkt der Kompositionen, die am vergangenen Samstag im Friedenssaal erklangen. Denn die von Philippe Verdelot, Luca Marenzio und Claudio Monteverdi vertonten ausgewählten Verse sprechen in verschiedenen Graden der Wehmut vom Gefühl des Verlustes und der Trennung. Geradezu masochistisch-lustvoll wird dies ausgekostet. Jedenfalls im ersten Teil des Konzerts der I Madrigalisti di Perugia, einem Chor aus der umbrischen Hauptstadt, der in diesen Tagen in der brandenburgischen Landeshauptstadt gastiert. Nach der Pause ging es dann fröhlich zu. Da war zwar auch von schönen Frauen die Rede, doch auch von Glücklichsein, vom Tanzen und Gesang.
Die rührige Brandenburgische Gesellschaft der Freunde Italiens „Il Ponte“, die seit zweieinhalb Jahrzehnten unter dem Vorsitz der ausstrahlungskräftigen Maria-Luise Döring enorm viel für die Gestaltung von geglückten Beziehungen zwischen Italienern und Deutschen, in Sonderheit der Städte Perugia und Potsdam geleistet hat, lud die 13 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung ihres Dirigenten Mauro Chiocci zu zwei Konzerten in die Havelstadt ein.
Das musikalisch anspruchsvolle Programm mit Werken der Renaissance und des Frühbarock brachte die eigentümliche Balance zwischen Lust und Leid zu Gehör. Das ist ein sehr italienisches Phänomen, ein Kokettieren mit der Pose, ohne das Gesagte wirklich zu meinen. Vor allem Claudio Monteverdis Madrigale sind aufgrund ihrer starken Ausdruckskraft für ein Ensemble wie die I Madrigalisti di Perugia besonders reizvoll, verlangen allerdings von den Sängerinnen und Sängern auch viel ab – und die chorische Konkurrenz, auch in Italien, ist groß. Eine exakte Intonation ist die tragende Säule des Vokalvortrags, auch bei Monteverdi. Die Abfolge von konsonanten und dissonanten Klängen muss blitzsauber sein, um ihre Wirkung entfalten zu können. Ist diese Grundlage nicht gegeben, kann eine Interpretation und wenn sie ansonsten noch so expressiv und affektstark ist, nicht befriedigen. Der Chor aus Perugia hat sich mit hörbarer Leidenschaft der Empfindungswelt aus fernen Zeiten, die in Manchem uns nahe ist, hineinversetzt. Doch sein vibratoreicher Klang, das Fehlen eines soliden Bassfundaments sowie das Hervorpreschen einzelner Sopranstimmen verhinderten einen weitgehend homogenen und beseelten Klang.
Im zweiten Teil des Konzerts mit den heiteren Villanellen, Canzonetten oder dem Trinklied von Orlando di Lasso, Giovanni Gastoldi oder Adriano Willaert waren die Sängerinnen und Sänger besser aufgehoben. Hierbei dominierte artikulatorisch nicht die lange Linie wie beispielsweise bei Monteverdi, sondern knappe Gesten. Und die liegen dem Chor insgesamt besser. Mit ansteckender und frischer Fröhlichkeit, relativ direkt und den nicht überzogenen Tempi intonierten sie die köstlichen Gesänge, die fern von Melancholie sind. Da wird fröhlich geliebt, gesungen und getrunken und nicht wegen Trennung „tausend Tode täglich gestorben“.
Der Beifall für die I Madrigalisti di Perugia steigerte sich zum Schluss des Konzerts überaus herzlich. Der Chor bedankte sich mit zwei Zugaben, darunter mit dem berühmten Echolied von Orlando di Lasso. Auch hierbei fanden die Sängerinnen und Sänger zu schöner musikalischer Gemeinsamkeit.K. Büstrin
Heute, 19 Uhr, geben I Madrigalisti di Perugia unter der Leitung von Mauro Chiocci ein geistliches Konzert. An der Orgel: Inge Lindner.
K. Büstrin
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