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Kultur: Weich, wohlig, kraftvoll

Abschlusskonzert der Bachtage mit dem Poznaner Knabenchor

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Zum Weihnachtsliedersingen kamen sie Anfang Dezember 2006 in die Potsdamer Nikolaikirche. Nun setzte der Poznaner Knabenchor, auch bekannt als „Posener Nachtigallen“, den Bachtagen ihren krönenden Abschluss. Nicht ohne Grund, denn das neuntägige Musenfest hat mit dem Signum „Polen“ einen deutlichen Verweis auf mitwirkende Künstler und erklingende Komponisten gegeben. Seit nunmehr vier Jahren werden die Knaben und Jungmänner vom komponierenden Dirigenten Jacek Sykulski geformt und in ihrer Sangeskultur zeitgeistigen Strömungen angepasst. Das damals zu erlebende ständige Kommen und Gehen zur immerforten Neuformierung von Gruppen und solistischen Grüppchen ist erfreulicherweise etwas weniger geworden. Dafür wandert nun Sykulski ständig und gestenreich hin und her. Das schafft dem A-cappella-Vortrag von früh- und hochbarocker Chormusik viel Unruhe.

Auch diesmal wieder beginnt die Vortragsfolge mit der gregorianisch geprägten „Maria Matrem Virginem“-Weise eines Anonymus. Dafür haben sich die Jungsänger in den Altarraum zurückgezogen. Ein Knabensopran stimmt vorm Kreuz klangschön und innig sein „Ave“-Solo an. Für das Stück „Magnum Nomen Domini“ von Bartolomiej Pekiel (gest. 1670) stellen sich die Sänger im vorderen Altarraum auf. Auch beim Kyrie aus der „Missa Pascalis“ von Martinus Leopolita (1530-1589) schwingt in der nachhallreichen Akustik der Gesang zu einem softigen, voluminösen, textunverständlichen Chorklang zusammen, so dass einen seelenerbauliche Stimmungen reichlich umschweben.

Kaum verklungen, folgen weitere kurze Stücke, diesmal aus der Feder von Mikolaj Zielenski (1560-1620). Er war Kapellmeister und Organist am Hofe des Erzbischofs von Gnesen und galt zu seiner Zeit in Polen als namhaftester Vertreter des mehrchörigen Satzes. Die Doppelchörigkeit von „Iustus ut palma florebit“ und „In Festo St. Antonio Abbatis“ offenbart sich auch optisch durch eine deutliche getrennte Choraufstellung. Da ist es also wieder, das ständige Neuformieren bis auf die unteren Altarstufen. So aufgelockert erklingt „Tota pulchra es Maria“ von Blas Tardio de Guzman mit drei exzellenten Knabensopranen.

Wohlig, weich und in ruhigem Metrum verbreitet sich die barocke Erbaulichkeit des „Hanacpachap“ eines peruanischen Anonymus aus dem 17. Jahrhundert. Wieder neu formiert, gibt es pures Tonhöhensingen für den klangschönen Vortrag von Johann Pachelbels D-Dur-Canon zu bewundern. Mit der zarten Stimme eines Knabensoprans (die bei Intervallsprüngen in der Höhe jedoch überfordert ist) jubiliert sich das „Dispersit“ von Roque Ceruti durch den Raum. Sichere Unterstützung erfährt der kleine Sänger durch Bachfestorganisator Björn O. Wiede an der Kreienbrink/Schukeschen Altarorgel. An der spielt er wenig später ein Bachsches Praeludium und Fuge (C-Dur oder c-Moll?!) in einheitlicher Registrierung und Lautstärke.

Abschließend assistiert er dem Vortrag der umfangreichen und höchst anspruchsvollen Choralmotette „Jesu, meine Freude“ BWV 227, die sehr lebendig aus frischen Kehlen angestimmt wird. Die eingeschobenen Zwischengesänge (aus dem Brief des Paulus an die Römer) lässt Jacek Sykulski solistisch von drei bzw. fünf Choristen anstimmen, die damit jedoch überfordert sind. Von der Botschaft teilt sich mangels Textverständlichkeit nur wenig mit. Obsiegte hier der Ehrgeiz des Dirigenten über die sängerischen Möglichkeiten seiner Posener Nachtigallen?! Sie werden ausgiebig gefeiert.Peter Buske

Peter Buske

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