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Kultur: Weihnachtliches ohne Spekulatiusgeschmack

Das Collegium musicum und der Ökumenische Chor Babelsberg musizierten in der Friedrichskirche

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Das beliebteste Fest, das Christfest, ist nah. In Kirchen und Konzertsälen sind Konzerte mit altbekannten Weihnachtsliedern, mit und ohne Chor, Orgel oder Orchester an der Tagesordnung. Die Babelsberger Friedrichskirche war am Samstagnachmittag vor dem zweiten Advent voll besetzt, das Sinfonieorchester Collegium musicum Potsdam hatte zum Konzert eingeladen. Traditionell musizierte es mit dem Ökumenischen Chor Babelsberg, den Sonja Ehmendörfer und Christian Deichstetter leiten. Ein bunter Mix mit adventlicher und weihnachtlicher Musik wurde präsentiert, doch glücklicherweise ohne Spekulatius-Geschmack. Hilfreich wäre es dem Ganzen allerdings gewesen, wenn sich dem Programmablauf eine gestaltende Hand angenommen hätte. Aus der unübersehbaren Fülle adventlicher und weihnachtlicher Lieder sang der Ökumenische Chor Kostbarkeiten, mit denen man das Stimmungsvolle des Festes unterstrich. So hörte man den mit feinem Klangsinn komponierten frühbarocken Satz „Dixit Maria“ von Hans Leo Hassler, die spätromantischen Klänge Albert Thates in „Macht hoch die Tür“, ein Lied, dessen Text vor genau 390 Jahren der Pfarrer Georg Weissel zum zweiten Advent auf eine heute nicht mehr gebräuchliche Melodie schrieb, oder das nicht minder berühmte, jedoch innige „Es ist ein Ros entsprungen“ von Michael Praetorius. Bei allem engagierten liebevollen, auch manchmal beseelten Singen war ein ausgeglichener Chorklang nicht immer gegeben. Leichter wurde es für die Sängerinnen und Sänger, als das Orchester für intonatorischen Beistand sorgte.

Im Bereich der Instrumentalmusik wird das verschwenderische Glück, das Chören zu Advent und Weihnachten gegeben ist, nicht zuteil. Das Collegium musicum und sein Dirigent Knut Andreas wählten Werke aus, die Besinnliches und Festliches bereithielten. Zwar komponierte der Finne Jean Sibelius sein Andante festivo für Streicher kurz vor Weihnachten 1922, doch war es für das 25-jährige Jubiläum einer Fabrik bestimmt. Andreas führte das Orchester spannungsvoll durch das Werk, dessen Klangpracht man vor allem im Detail findet. Es soll nicht nur zum Träumen einladen. Seine Ecken und Kanten, die dem Hörer noch andere Momente als den seligen Rausch bieten, waren in der Interpretation aber eher selten. Das Adventskonzert sollte sich eben mit dem Schönen verbünden. Da kam das Konzert für zwei Harfen und Orchester des englischen Harfenisten und Komponisten der Romantik Elias Parish-Alvars nur recht. Das unruhevolle Leben des gefeierten Musikers führte durch viele Länder Europas. Als Hektor Berlioz ihn hörte, meinte er, dieser sei der „Liszt auf der Harfe“. Er schrieb Konzerte zum eigenen Gebrauch und mit denen er auf seinem Instrument brillieren konnte. In der Friedrichskirche stellten Dagmar und Jessyca Flemming, Mutter und Tochter, mit musikalischem Geschmack das heute selten zu hörende, jedoch spielfreudige Harfenkonzert von Parish-Alvars vor. Förmlich schwerelos und mit Charme wussten die Solistinnen ihre Parts zu musizieren und zusammen mit dem Orchester verbreiteten sie ein Harmonie-Gefühl, das die Zuhörer genossen.

Die Blechbläser des Collegium musicums vereinten sich zu einem neunköpfigen Ensemble (Leitung: Andreas Zühlke). Im luftig-kultivierten Klangcharakter interpretierten sie bekannte Weihnachtssätze, dagegen geriet aber Giovanni Gabrielis Canzona Nr. 27 etwas zu „mollig-rund“. Zum Schluss des Konzerts lud Knut Andreas die Zuhörer ein, Händels „Tochter Zion“ mitzusingen, was man freudig annahm. Klaus Büstrin

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