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Kultur: Wenn das Lachen zur Ware verkommt „Timm Thaler“-Premiere im Hans Otto Theater

Timm Thaler ist ein fröhlicher Junge – obwohl er in der schmalen Gasse wohnt, wo die Armut zu Hause ist. Die Stiefmutter schlägt ihn, Stiefbruder Ernst ärgert ihn, wo er kann: Aber Timm bewahrt sich seine gute Laune und sein ansteckendes Lachen.

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Timm Thaler ist ein fröhlicher Junge – obwohl er in der schmalen Gasse wohnt, wo die Armut zu Hause ist. Die Stiefmutter schlägt ihn, Stiefbruder Ernst ärgert ihn, wo er kann: Aber Timm bewahrt sich seine gute Laune und sein ansteckendes Lachen. Schließlich sind da die Sonntage, an denen er mit dem Vater ganz allein auf die Pferderennbahn geht. Diese unbekümmerten Stunden entschädigen ihn für die oft düsteren Tage. Doch plötzlich stirbt der geliebte Vater bei einem Unfall und alles wird anders: Die Familie gerät in finanzielle Not. Die Stiefmutter kann nicht mal mehr ihren Kuchen bezahlen, den sie versteckt vor den Kindern mit den Nachbarinnen verschlingt. Der zehnjährige Timm fühlt sich mitverantwortlich. In der so schwierigen Situation erliegt er der Versuchung, die ihm Baron Lefuet, der reichste Mann der Welt, offeriert: Timm verkauft sein Lachen für die Fähigkeit, jede Wette gewinnen zu können. Ein Pakt mit dem Teufel.

James Krüss’ mehrfach verfilmte Geschichte von „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ hat am morgigen Donnerstag in der Reithalle des Hans Otto Theaters Premiere. Geschrieben wurde sie im Jahr 1962 von James Krüss (1926-1997). Er gehörte zu den wichtigsten deutschsprachigen Jugendbuchautoren und stand in der Erzähltradition von Erich Kästner. Krüss versah sein spannendes und bis heute hochaktuelles Buch mit einer gehörigen Portion Kritik an der Gesellschaft und an dem Konsumverhalten der Menschen, die er vor allem der gierigen Stiefmutter von Timm auf den Leib schrieb.

Sie ist vor allem Nutznießerin des schnellen Geldes, das Timm durch sein unversiegbares Wettglück gewinnt. Den arglosen Jungen macht dieser Geldsegen indes nicht glücklich: Gemieden von seinen Freunden wird er zum Außenseiter. Sein fehlendes Lachen macht ihn einsam. Verbittert beschließt Timm daraufhin, den geheimnisvollen Baron zu suchen, um sein Lachen zurückzugewinnen. Dafür muss der Junge seine Stadt verlassen. Er heuert auf einem Passagierschiff an. In der Hoffnung, eine Wette zu verlieren und so sein Lachen zurückzugewinnen, steigert er sich in immer absurdere Wettangebote – und wird immer reicher. Zum Glück gibt es aber auch in den ausweglosesten Situationen immer noch jemanden, der sich als wahrer Freund erweist und helfen kann.

Der 1979 als Fernsehserie adaptierte Roman von James Krüss gelangte zu Kultstatus und schildert Timm Thalers Reise durch die Strukturen der Macht der Erwachsenenwelt – einer Welt, in der sogar das Lachen zur bloßen Ware verkommen ist. Timm hat das wichtigste Gut des Menschen verkauft: die Fähigkeit, eigene Gefühle zu erfahren.

Zugleich ist diese Geschichte ein modernes Märchen über Sehnsüchte und die Verführbarkeit zum Bösen durch das Geld. Es ist die Reifegeschichte eines Jungen, der erkennt, was die Welt im Innersten zusammenhält. Auch der Potsdamer Regisseur Andreas Dresen möchte sie im kommenden Jahr verfilmen. Doch erst einmal ist sie ab morgen auf der Bühne zu sehen: in einer Textfassung von Dirk H. Fröse und inszeniert von Regisseurin Marita Erxleben. Heidi Jäger

Premiere am morgigen Donnerstag um 10 Uhr in der Reithalle in der Schiffbauergasse. Für Kinder ab 9 Jahren

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