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Von Babette Kaiserkern: Wenn Frauen „Wonne tauen“

Orchester und Chor der Universität Potsdam zusammen mit dem Landespolizeiorchester im Nikolaisaal

Stand:

Wohl kein anderer Liederzyklus preist die Freuden der Liebe auf solch heitere Weise wie die Liebeslieder-Walzer von Johannes Brahms. In diesem Jahr präsentierten Orchester und Chor der Universität Potsdam beim Konzert am Sonntag im Nikolaisaal ein gelungenes Programm mit unterschiedlichen Facetten des spätromantischen Komponisten. In seiner Geburtsstadt Hamburg agierte Brahms viele Jahre als Chorleiter, während er in seinen Wiener Jahren als Symphoniker zu Ruhm gelangte. Dass er fast fünfzehn Jahre um seine erste Symphonie in c-Moll gerungen hat, merkt man ihr noch heute an.

Mit Verstärkung vom Landespolizeiorchester Brandenburg stürzten sich die jungen Musiker der Sinfonietta Potsdam in die brausenden Fluten der Ersten. Mit ostinaten Paukenschlägen eilt der erste Satz mit forschem Ton dahin. Wurde der Beginn noch zu schnell genommen, war der Klang noch wenig homogen, wuchs das Orchester bald zu ausgewogenem, gemeinschaftlichem Musizieren zusammen. Auch wenn dies im ersten Satz, wohl auch aufgrund seiner komplexen und wenig klaren Struktur noch nicht so deutlich wurde.

Im zweiten Satz erklingt mit Oboen, Klarinetten und Hornrufen eine Art Waldidyll, das von unruhigen Streicherpassagen spannungsvoll grundiert wird. Wie leichte Wolken am Frühlingshimmel ziehen die melodischen Tongirlanden des dritten Satzes im graziösen Allegretto vorüber. Mit großer, theatralischer Geste beginnt der letzte Satz, ein tonales Monument, in dem Beethovensche Formstrenge mit Brahmscher Tonsprache vereint werden, wenn auch nicht durchgehend überzeugend. Seine wechselvollen Klänge und Tempi zu verbinden, ohne dass Klangmischmasch entsteht, stellt hohe Anforderungen an Technik und Interpretation. Die Sinfonietta Potsdam und das Landespolizeiorchester stellten sich dieser Aufgabe mit Offenheit und Spielfreude. Unter der hingebungsvollen, manchmal zögerlichen Leitung von Kristian Commichau ergibt sich so ein spannungsreiches, farbiges Finale. Haften bleibt besonders die schwungvoll vorgetragene, sonore Streichermelodie, wegen der Brahms erste Symphonie scherzhaft auch als Beethovens Zehnte bezeichnet wurde.

Dass Brahms neben Schubert der bedeutendste Liedkomponist des 19. Jahrhunderts war, zeigte sich beim Auftritt des Universitäts-Chors Campus Cantabile nach der Pause. Die Lehramtsstudentinnen Juliane Klose und Kathleen Valeske übernahmen die Leitung bei vier A-capella-Liedern für gemischten Chor. Für klangvolle Einstimmung sorgen die Lieder „Ich fahr dahin“ und „Wach auf, meines Herzens Schöne“. Derart eingesungen gelingt die Wiedergabe von „Waldesnacht“ und „In stiller Nacht“ hervorragend, dynamisch differenziert, auch im Piano klangvoll. Zum Höhepunkt des Abends geraten, ganz passend zum Valentinstag, die 18 Liebeslieder-Walzer op. 52. Sängerinnen, Sänger und nicht zuletzt der Chorleiter, Universitätsmusikdirektor Kristian Commichau, befinden sich hier spürbar in ihrem Element. Bei wienerisch sprudelnden und wiegenden, glasklaren Klängen des vierhändig gespielten Klaviers von Tabea Jung und Jaakko Sirén entfaltet sich die Pracht des Gesangs auf der ganzen Skala der Liebesgefühle. Lieblich locken die Soprane, tenoral besingen die Herren „die Frauen, wie sie Wonne tauen“, vereinen sich mit Alt, Bariton und Bass bei sehnsüchtigem Wechselgesang und heftigem Begehren („Zehn eiserne Riegel“). Drei Solo-Sopranistinnen fügen kleine Glanzlichter hinzu.

Dass es mit dem Chorgesang nicht immer leicht ist, davon kann jeder Chorleiter ein Lied singen. Ganz wörtlich tat dies der Campus Cantabile mit einer sehr lustigen Zugabe, die zugleich eine Hommage an den Komponisten und langjährigen Chorleiter Johannes Brahms darstellte. Viel Beifall für ein gelungenes Konzert der Universitätsmusik.

Babette Kaiserkern

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