
© Galerie Herr
Selbstverständlich erwartet man von einem Galeristen Gespür, den berühmten Instinkt für das gewisse Etwas, für Neuentdeckungen, für Talente, die es zu fördern gilt. Die gegenwärtige Ausstellung in der kleinen, unscheinbaren Babelsberger „Galerie Herr, die Neuen“ lässt allerdings vermuten, Inhaber Holger n.m. Herr agiere weniger als Talentescout denn als Ausbilder, Kollege und Mäzen in Personalunion. Die Malerin „Rosa“, Rosa Rux aus Marquardt, deren 18 Bilder in der Karl-Liebknecht-Straße 121 zu sehen sind, absolviert derzeit bei Herr ein Praktikum als Assistentin und ist eine der vier Studenten, die an der „Kleinen Kunstakademie der Galerie Herr“ Seminare belegen. Nach zwei Beteiligungen nun ihre erste eigene Bilderschau: „Farbspiel“.
Frau Rux ist eine Spät-Berufene. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist eigentlich sehr mutig, sehr aufregend, wenn jemand erst mit über vierzig anfängt, sich mit Malerei zu beschäftigen. Seit 2007, so steht es in der Vita, „Studium der Bildenden Kunst / freien Malerei“, seitdem befindet sie sich „auf dem Weg der Selbstverwirklichung“. Dieser Selbstfindungsprozess allerdings scheint ähnlich verworren wie ihr Bild mit Titel „Weg“: eine quadratische Arbeit mit rotbraunem Grundton, der marmoriert verarbeitet wurde. Einen Weg sucht man vergeblich, nur mit Mühe ist eine Richtung erkennbar, vielleicht eine Helligkeit irgendwo oben.
„Sie sucht noch“, meint auch Herr, der sich des Stilmix’ durchaus bewusst ist. Immerhin habe es – vielleicht gerade deshalb – zur Eröffnung viele schöne Gespräche gegeben, sagt der Kunstliebhaber, der sich mehr Interessenten für Zeitgenössisches wünscht. Viele seien immer noch unsicher. Mit Erleichterung beobachte er, dass nun eine Generation von 30-Jährigen nachwächst, die auch mal für moderne Kunst ins Portemonnaie greift.
Die Sammlung „Farbspiel“ von Rosa bietet hier nun für jeden etwas, aber richtige Knüller, die man jeden Morgen nach dem Aufstehen mit Freude erneut betrachten möchte, gibt es wenige. Impressionistische Träumereien, Sonnenuntergänge, Schilfufer, Gold gepuderte Waldwege sind technisch schön gearbeitet, aber nichts Besonderes. Dennoch würden sie jeden hochwertigen Märchenband zieren. Magnolien im kleinen Quadrat erinnern – leider – an Zahnarztwartezimmer. Aber dann, die Überraschung, bringt sie Farben ins Spiel: Ein „Bouquet“, verwaschene Schönheit, ausbrechende zarte Formen, die eben noch da waren, sich gegen ein Festhalten sträuben. Und nicht ohne Grund hat es ihre Arbeit „Farbspiel“ auf die Einladungskarte geschafft: Eine verwegene Komposition aus Komplementärfarben, hingekleckst auf tiefes Nachtblau, wie aus einem Tuschkasten, zauberhaft miteinander verwoben schmeicheln sie dem Auge, das hier gern ausruht. Davon mehr, verlangt es den Betrachter, doch das Einzelstück bleibt die Ausnahme in diesem Sammelsurium. Steffi Pyanoe
Noch bis zum 25. Juni, montags bis mittwochs, 10-18 Uhr, freitags, 15-18 Uhr und samstags, 10-13 Uhr in der Galerie Herr, Karl-Liebknecht-Straße 121
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