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Kultur: Widerspruch

Fontane-Archiv soll zum Landeshauptarchiv

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Das traditionsreiche Theodor-Fontane-Archiv soll als eigenständige Einrichtung durch die brandenburgische Landesregierung aufgelöst werden. Nach ihrem Willen wird es dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv angegliedert. Dies teilte das Archiv, das in Potsdam seinen Sitz hat, den Mitgliedern der Fontane-Gesellschaft in einem Brief mit, der von der Direktorin Hanna Delf von Wolzogen und von Christine Hehle, wissenschaftliche Mitarbeiterin, unterschrieben wurde. Das Schreiben liegt der Redaktion vor.

Zwar wird sich die räumliche Situation für die Mitarbeiter und für das umfangreiche und einmalige Kulturgut mit dem geplanten Umzug in die am Pfingstberg gelegene Villa Quandt verbessern. Doch die fachliche Selbstständigkeit des Archivs ist nach Ansicht seiner Mitarbeiter durch die Eingliederung in das Landeshauptarchiv nicht mehr gegeben. „Zusammengeschlossen werden damit zwei Institutionen, die nicht nur von sehr unterschiedlicher Größe (nach Mitarbeiterzahl und Etat) sind, sondern sich vor allem in ihren Beständen, in ihrer Aufgabenstellung und Arbeitsweise grundlegend voneinander unterscheiden“, heißt es in dem Schreiben.

Das Fontane-Archiv ist ein Literaturarchiv und sammelt Kulturgut, Zeugnisse künstlerischer Arbeit. Es ist zudem eine wissenschaftliche Forschungseinrichtung von internationalem Renommée, ein anerkannter Memorialort, ein Anlaufpunkt für Fontanefreunde aus aller Welt. „Durch Buchpublikationen und die Fontane-Blätter, durch Forschungsprojekte, Symposien, Führungen, Schülerprojekte und Literaturveranstaltungen macht das Archiv Literatur lebendig erfahrbar.“ Das Brandenburgische Landeshauptarchiv ist dagegen ein Staatsarchiv. Es sammelt und archiviert das Behördenschrifttum des Landes und wertet es für die Lokal-, Regional- und Landesgeschichte aus. Das Fontane-Archiv befürchtet, dass es sich bei künftigen Haushaltsverhandlungen im Personal- und Sachmittelbereich innerhalb des viel größeren Landeshauptarchivs schwer behaupten könne, dass es zum Spielball verwaltungstechnischer Umstrukturierungen werde. „Öffentliche Leihgeber wie die Staatsbibliothek Berlin, die Zentral- und Landesbibliothek und die Humboldt-Universität zu Berlin, aber auch private Leih- und Nachlassgeber ziehen über kurz oder lang ihre Fontane-Bestände aus Potsdam zurück“, heißt es. Die Mitarbeiter geben zu bedenken, dass Ankäufe und Schenkungen beispielsweise von Sammlungen kaum zustande kommen werden, da ein Vertrauen in den dauerhaften Bestand des Archivs nicht mehr gewährleistet ist. Als ein Sondersammlungsbereich, wie sich das Fontane-Archiv dann im Brandenburgischen Landeshauptarchiv darstellen wird, könne es in seinem internationalen Rang nicht mehr bestehen.

In dem Brief wird bedauert, dass diese weitreichende kulturpolitische Entscheidung ohne das Einbeziehen der Fachöffentlichkeit erfolgte. Ein Gesprächstermin bei Kulturministerin Johanna Wanka wurde der Archiv-Direktorin erst nach Monaten gewährt, schrifliche Eingaben und Vorlagen wurden ohne Begründung vom Kulturministerium abgewiesen. Das mit dem Vorsitzenden der Fontane-Gesellschaft, Prof. Hubertus Fischer, vereinbarte Gespräch mit der Ministerin sagte man kurzfristig ab und Diskussionen über mögliche andere Organisationsformen schlug man aus. Klaus Büstrin

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