Kultur: Wie aus einem Füllhorn kamen die Einfälle Der Komponist Karl-Ernst Sasse ist verstorben
„Zwei Protagonisten wetteifern gemeinsam um die Gunst der Zuschauer: Dean Read als Harmonika und Gojko Mitic als Harter Felsen“, schrieb ein Kritiker nach der Premiere des DEFA-Indianerfilms „Blutsbrüder“ im Jahre 1975. Der Komponist Karl-Ernst Sasse, er schrieb die Musik zu dem Streifen, hatte es da einfacher.
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„Zwei Protagonisten wetteifern gemeinsam um die Gunst der Zuschauer: Dean Read als Harmonika und Gojko Mitic als Harter Felsen“, schrieb ein Kritiker nach der Premiere des DEFA-Indianerfilms „Blutsbrüder“ im Jahre 1975. Der Komponist Karl-Ernst Sasse, er schrieb die Musik zu dem Streifen, hatte es da einfacher. Er brauchte sich in keine Konkurrenz zu begeben, denn er gehörte längst zu jenen Musikern, die sich mit ihren Filmkompositionen einen guten Namen gemacht haben. Wie aus einem Füllhorn vermochte er seine musikalischen Einfälle in Filmen für die DEFA und für das Fernsehen auszustreuen. Rund 450 Kompositionen hat er für diese Medien geschrieben. Am vergangenen Sonntag ist der Babelsberger Karl-Ernst Sasse im Alter von 83 Jahren gestorben.
Sasse kam am 5. Dezember 1923 in Bremen in einer Musikerfamilie zur Welt. Schon im Alter von zehn Jahren schuf er kleine Stücke und Schlager für die Schule und für die Familie. Er studierte am Konservatorium im thüringischen Sondershausen, das Berühmtheiten wie Max Reger hervorbrachte. Von 1959 an war Sasse Chefdirigent des DEFA-Sinfonieorchesters. 1964 ging er nach Halle an die dortige Philharmonie, warf aber bald das Handtuch. „Schuld war der Rat des Bezirkes, der ständig versuchte, mir künstlerisch und politisch hineinzureden“, sagte Sasse einmal.
1967 verließ er Halle und wurde freiberuflicher Komponist, schrieb Kammermusik, Chorwerke und Chansons. Eine ganze Palette an kompositorischen Stilmitteln stand ihm zur Verfügung. Dabei konnte er aus der reichen Schatzkammer der Musikliteratur schöpfen, denn sein Wissen um sie war enorm. „Ich kann klassisch schreiben, kann romantisch schreiben, kann barock schreiben, ganz modern und aleatorisch. Es kommt auf den Film und die Thematik an“, meinte er in einem Gespräch.
Sein Debüt als Spielfilmkomponist hatte Sasse 1964 mit der Musik für „Alaskafüchse“ (Regie: Werner W. Wallroth). Aber bereits 1961 schrieb er für den Fernsehfilm „Monolog eines Taxifahrers“, den Günther Stahnke nach einer Vorlage von Günter Kunert drehte, die Musik. Der Film wurde aus politischen Gründen noch vor der Aufführung verboten. Karl-Ernst Sasse hat sich immer wieder gegen die Unterbewertung von Filmmusik gewandt. „Wenn ich Musik als Lückenbüßer mache, sollte ich sie weglassen. Wenn man nicht genau weiß, warum man an einer Stelle Musik macht, sollte man sie nicht machen. Wenn ich mich mit dem Regisseur gestritten habe, ob man Musik machen sollte oder nicht, habe ich gesagt, ,wenn wir schon so anfangen zu diskutieren, dann lassen wir''s“ Und es ist immer besser gewesen. Die Musik muss eine Funktion haben. Und es wäre noch viel schöner, wenn die Regisseure sich wieder etwas mehr zum Stummfilm hinbewegen würden.“ Dort müsse man sich auf das wesentliche konzentrieren. Sasse hat den Stummfilm geschätzt. Und er empfand es als beglückend, Musiken für rekonstruierte Stummfilme zu schreiben, so für „Der letzte Mann“ und der „Der Golem“. In den Kompositionen der beiden Werke kommt in wunderbarer Weise sein sicheres Gefühl für filmisches Geschehen heraus, das Dramatisches und Zärtliches beinhaltet. Auch wie er mit dem Orchester und einzelnen Instrumenten umzugehen verstand, ist frappierend. Da spürte man schon, dass er von Hause aus ein Orchesterdirigent war. Klaus Büstrin
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