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Kultur: „...wie bei einer mathematischen Parabel“

Subway To Sally-Gitarrist Michael „Bodenski“ Boden über „Nord Nord Ost“, das gestern erschienene achte Studio-Album der Mittelalter-Metal-Band, sein erstes Buch und die Beziehung zur Potsdamer Heimat

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Subway To Sally-Gitarrist Michael „Bodenski“ Boden über „Nord Nord Ost“, das gestern erschienene achte Studio-Album der Mittelalter-Metal-Band, sein erstes Buch und die Beziehung zur Potsdamer Heimat „Nord Nord Ost“ heißt euer neues Album, das seit heute in den Geschäften steht. Warum habt ihr ausgerechnet diesen Titel ausgewählt? Eigentlich sollte das Album bereits im vergangenen Herbst erscheinen, es sollte also eine Winterplatte werden. Das ist den Texten anzumerken, durch die sich die Themen Eis und Kälte ziehen. Dann verschob sich der Veröffentlichungstermin allerdings immer weiter, weil wir uns zum Beispiel einen neuen Drummer suchen mussten. Als wir merkten, dass die CD erst im August erscheinen würde, mussten wir für den Namen einen Mittelweg zwischen der Sommerhitze und der Kälte in den Texten finden. Durch das Reisethema, das sich auch in vielen Songs findet, bot sich in unseren Köpfen auf einmal der Titel „Nord Nord Ost“ an – der gleichzeitig eine witzige Anspielung auf unsere Herkunft aus der Ex-DDR enthält. Im Endeffekt waren wir uns noch nie so schnell über einen Albumnamen einig. Beim Vorgänger „Engelskrieger“ lagen wir uns sehr lang in der Wolle. ... und ihr klingt im Vergleich zu „Engelskrieger“ auch wieder viel wärmer, melodischer, weniger brachial. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären? Die Themen sind anders, deshalb ist der Klang auch verändert. Wir wollten nicht wieder wie auf „Engelskrieger“ äußere Missstände anprangern – zu einem Thema wie Kindesmissbrauch, das damals mit auf der Platte war, passte eben der sehr harte Sound und keine süßlichen Melodien. Nun geht es uns um eine Reise nach innen, eine Suche nach einem Ort – deshalb konnten wir wieder klassische Subway-Elemente verwenden. Gab es keine anderen Gründe? Erst einmal sind wir zu unserer früheren Art zurückgekehrt, ein Album aufzunehmen – eben in Potsdam und Berlin. Für „Engelskrieger“ waren wir noch für zwei Monate in Dänemark. Das Wichtigste ist aber, dass diesmal unser zweiter Gitarrist, Ingo, zum ersten Mal selbst produziert hat. Damit kam die künstlerische Oberinstanz zum ersten Mal aus der Band heraus. Insofern ist es nach unserer Meinung gelungen, so zu klingen, wie sich Subway To Sally im Moment eben anhören sollen – dies ist ein Prozess wie bei einer mathematischen Parabel, der wir uns immer weiter annähern wollen. Wie sehen das denn die Leute, die das Album schon hören konnten? Die Bewertungen hatten bisher durchweg den selben Tenor: Das Album sei eine Rückbesinnung auf die Zeiten von „Herzblut“ und insgesamt großes Kino. Das freut uns natürlich, denn wenn Musiker so lang an einer Platte sitzen, verliert man irgendwann den Bezug zu dem, was da eigentlich geschieht. Es war schon eine schwere Geburt. Welches der dabei entstandenen Stücke liegt dir besonders am Herzen? Eindeutig „Feuerkind“, das auch die eigentliche Keimzelle des Albums war. In dem Song treffen die gegensätzlichen Metaphern von Eis und Feuer aufeinander, da sich die Geschichte um einen Jungen dreht, der immer wieder etwas anzündet, um seine innere Kälte zu überwinden – aber doch nicht warm wird. Als die Musik dazu kam, dachte ich nur: „Wow!“ Du hast ja schon immer die Texte für die Band geschrieben – jetzt ist dein erstes Buch unter dem Titel „Inniglich“ erschienen. Was hat es damit auf sich? Für jedes Album schreibe ich neue Texte – und manche kommen dann doch nicht mit auf die Platte. In dem Buch sind zum Beispiel solche Stücke enthalten, aber auch längere und veränderte Versionen von schon bekannten Lyrics wie „Wenn Engel hassen.“ Das Buch wird es allerdings nicht regulär im Buchhandel geben, jedoch zum Beispiel im Literaturladen Wist in der Brandenburger Straße oder über unsere Homepage. Ihr werdet im Herbst wieder auf einer langen Deutschland-Tour sein. Werdet ihr nicht irgendwann müde? Es macht immer noch viel Spaß. Und es ist eigentlich gar nicht so stressig. Wir spielen bis Mitternacht oder so, danach geht es in den Bus und dann 300 bis 400 Kilometer weiter. Tagsüber passiert nicht so viel – es gibt härtere Arten, sein Geld zu verdienen. Anstrengender waren diesen Sommer die Festivalauftritte im Ausland, wo wir für einen Gig zum Teil 15 Stunden lang fahren mussten. Behältst du durch diesen Job trotzdem noch deine Heimatstadt Potsdam im Blick? Ja, ich interessiere mich natürlich für Lokalpolitik – obwohl ich noch nie davon oder von der Stadt an sich profitiert habe. In Gesprächen bekommen wir immer wieder mit, dass sich viele Potsdamer nicht vorstellen können, wie bekannt wir sind und dass wir auf Festivals schon vor zehntausenden Fans gespielt haben. Das war auch der Grund, beim Stadtwerkefest im Juni mitzumachen, um uns den Potsdamern selbstbewusst zu zeigen. Ihr spielt am 30. Dezember, wie jedes Jahr im Lindenpark. Plant ihr etwas Besonderes für den Gig? Nein, nicht direkt, es ist ein normaler Auftritt während unserer „Nord Nord Ost“-Tour. Wir müssen nichts besonderes daraus machen, es ist schon an sich aufregend genug in der eigenen Stadt zu spielen. Das Gespräch führte Henri Kramer

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